08.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Polizist tötet
Ruhestörer (41)

Albaner hatte »Waffe in der Hand«

Von Christian Althoff
Lage (WB). Tödliches Ende eines Routineeinsatzes: Ein Polizist hat in der Nacht zum Sonntag in Lage (Kreis Lippe) einen 41 Jahre alten Mann erschossen. Ob der Beamte in Notwehr gehandelt hat, prüft eine Ermittlungskommission.

Eine Streifenwagenbesatzung der Wache Lage war Samstag gegen 22.30 Uhr wegen Ruhestörung in den Stadtteil Waddenhausen gerufen worden. Nachbarn hatten sich beschwert, weil ein Albaner trotz nächtlicher Stunde seine Stereoanlage weit aufgedreht hatte. Als die beiden Polizisten an dem Einfamilienhaus eintrafen, stand der 41-Jährige im Hinterhof. Polizeisprecher Thorsten Beine: »Der Mann hatte eine Schusswaffe in der Hand. Da zog einer der Beamten seine Pistole und feuerte.« Der 41-Jährige wurde aus kurzer Entfernung getroffen. Ein Notarzt versuchte noch, das Leben des Schwerverletzten zu retten - vergeblich. Eine große Lache am Einsatzort ließ gestern erahnen, dass das Opfer sehr viel Blut verloren haben muss. Heute wird das Obduktionsergebnis erwartet.
Noch in der Nacht begannen Beamte der Spurensicherung damit, den Tatort im Scheinwerferlicht zu untersuchen. Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink beauftragte eine Kommission aus Beamten der Kripo Detmold sowie der Mordkommission Bielefeld mit der Klärung des Falls. Geprüft werden soll, ob der Polizist in Notwehr gehandelt hat. Die Ermittler wollten sich gestern nicht dazu äußern, ob der Albaner die Polizisten mit der Waffe bedroht hatte, und ob er zunächst aufgefordert worden war, die Waffe fallenzulassen. Auch die Frage, ob der Polizist einen Warnschuss abgegeben hatte oder aber wegen einer möglicherweise lebensbedrohenden Lage sofort schießen musste, wollte niemand beantworten. Zur Art der Waffe machte die Detmolder Behörde ebenfalls keine Angaben. Der Polizist ist bis auf weiteres vom Dienst freigestellt und wird psychologisch betreut.
Nachbarn schildern den stämmigen Albaner, der mit seiner Frau und sechs Kindern im Alter zwischen elf und 23 Jahren in dem Haus lebte, als nicht gewalttätig. Allerdings soll es bei ihm bereits früher Polizeieinsätze wegen Ruhestörung gegeben haben. Die Familie ist gestern mehrere Stunden von der Kripo befragt worden.
Tödliche Polizeischüsse gegen Menschen sind in Nordrhein-Westfalen sehr selten. Nach Angaben des NRW-Innenministeriums ereignet sich durchschnittlich ein Fall pro Jahr. So erschoss im Februar 2005 ein Bielefelder Kripobeamter einen geistig verwirrten Informanten, der bei einem Treffen in einem vollbesetzten McDonald's Restaurant ein Messer gezogen und den Polizisten und dessen Kollegen angegriffen hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen den Polizisten war wegen erwiesener Notwehr eingestellt worden.

Artikel vom 08.05.2006