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Von Stephan Arend

Sport-
Aspekte

Formschwäche an allen Fronten


Die Abstiegsangst rund ums Cronsbachstadion wächst Woche um Woche. Sieglos im Landesliga-Jahr 2006, konzeptlos am Donnerstag bei der peinlichen 4:6- Pokalschlappe gegen den A-Ligisten BV Werther - der Trainer-Rauswurf zwei Tage vor dem Kellerduell in Herford ist nachvollziehbar. Wenn eine Mannschaft von Platz drei (Ende 2005) auf Rang 13 durchgereicht wird, muss der verantwortliche Trainer mit Konsequenzen rechnen. Das ist in der Landesliga nicht anders als im Profifußball.
Und dennoch: Die Ereignisse im Frühjahr 2006 werden als Steinhagener Chaostage in die Vereinsgeschichte eingehen. Und das liegt gewiss nicht nur an Spielern ohne Leidenschaft und an einem erfolglosen Coach. Auch der Fußballvorstand litt unter Formschwäche. Die Trennung von Stefan Studtrucker ist die seit Wochen erste logische wie ehrliche Entscheidung in Sachen Trainerfrage.
Als sich der freie Fall abzeichnete, hätten die Verantwortlichen abwägen müssen. Trauen sie es dem Trainer zu, den Negativtrend zu stoppen und in den nun bevorstehenden Duellen mit den Kellerkindern zu bestehen? Wenn die Antwort »Nein« lautet, muss der Coach sofort entlassen werden. Lautet die Antwort aber »Ja«, dann ist Stefan Studtrucker der richtige Mann, dem der Rücken gestärkt werden muss.
Leider blieb ein klares »Ja« ebenso aus wie ein deutliches »Nein«. Stefan Studtrucker in Jochen Krämer und Michael Johanning zwei Berater - oder besser Aufpasser (?) - zur Seite zu stellen, war ein praxisfremder Kompromiss.
Genauso wenig helfen im Abstiegskampf Ultimaten. In jeder Partie können Nuancen über Sieg oder Niederlage entscheiden. Ein gutes Beispiel ist das jüngste 0:2 gegen Titelfavorit Dornberg. Steinhagen war vergangenen Sonntag die bessere Mannschaft. Wenn Evcimen und Hofbüker die 100-prozentige Chance zur Führung nutzen, geht die Spvg. wahrscheinlich als Sieger vom Platz und der Coach sitzt wieder fest im Trainerstuhl.
Der Vertrag mit Studtrucker war noch im Februar für 2006/07 verlängert worden. Es war die leichteste Lösung, mit dem aktuellen Coach weiterzumachen. Genoss »Studti« zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch das volle Vertrauen seiner »Vorgesetzten«? Betrachtet man die Ereignisse der vergangenen Wochen, muss daran gezweifelt werden.
Als wenn das alles noch nicht genug wäre: Für den (vorläufigen) Höhepunkt der Steinhagener Chaostage sorgte gestern Abend die Mannschaft. Wer mit indiskutablen Leistungen ein Spitzenteam in einen Abstiegskandidaten verwandelt und seinen Trainer zum Abschuss freigibt, hat einfach nicht das Recht, die Nachfolge-Regelung zu boykottieren - ganz egal, wie unpopulär diese auch sein mag. Viele Spieler werden nach dieser Saison die Spvg. verlassen. In der Vereinsgeschichte wird ihnen ein Kapitel gewidmet werden - mit der Überschrift: »Charakterlos und egoistisch.«

Artikel vom 06.05.2006