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Von Michael Robrecht

Warburger
Aspekte

Trojanisches Pferd?


Wenn Landrat Hubertus Backhaus als Versammlungsleiter über ein Biosphärenreservat in der Egge hätte abstimmen lassen, mehr als zwei Drittel der Teilnehmer der Informationsveranstaltung in Brakel hätten mit Nein gestimmt. Im Kreistag und in den Räten der Egge-Städte im Kreis Höxter wird sich auch kein anderes Meinungsbild finden. Umwelt-Staatssekretär Schink, der eigentlich nur sein tolles Projekt moderieren wollte, fand sich in der Position desjenigen wieder, der unbedingt ein Vorhaben durchpeitschen möchte. Wundern musste er sich über die geballte Ladung kritischer Fragen, die überwiegend sachlich, manchmal aber auch mit diffusen Ängsten vermischt vorgetragen wurden, nicht.
Der aufmerksame Beobachter fragt sich seit Monaten, welcher Teufel den NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) geritten haben muss, kurz nach dem Regierungswechsel zu CDU/FDP ein »Fünf-Sterne-Thema« der »Lieblingsgrünen« des Kreises, Bärbel Höhn, in anderer Form wieder aufzugreifen. Der Nationalpark wurde zwar für tot erklärt, aber als anders verpacktes Projekt, als Biosphärenreservat, wieder aus dem Hut gezaubert (auch wenn ein Park etwas völlig anderes ist als ein Reservat). Das Biosphärenreservat ist für viele aber nichts anderes als ein »Nationalpark light«, ein »gefühlter Nationalpark«. Das musste schief gehen. Dass die gleichen Reflexe wie beim Nationalpark bei den mit 55 Naturschutzgebieten und FFH eingeschränkten Landwirten, Jägern oder Unternehmern ausgelöst werden, das hat man in Düsseldorf nicht bedacht. Es war politisch unklug, ein solch negativ belegtes Thema erneut aus der Schublade zu ziehen, zumal niemand danach gerufen hatte.
Die Mehrheit der Bürger im Kreis Höxter will das Biosphärenreservat nicht. Wesentliche Entscheidungsträger haben sich festgelegt, da hilft auch kein Erklären, kein Hektarverringern und kein Verweis auf Fördermittel. Das Projekt kommt als blutleere Idee rüber. Staatssekretär Schink konnte kein Feuer entfachen. Mehr Tourismus, Gestaltungsmöglichkeiten der Städte, hochgehängte Ziele wie »Modellregion für Mensch und Natur«: »Davon können wir uns nichts kaufen«, würde der Egge-Bauer sagen.
Viele sehen im Biosphärenreservat ein »Trojanisches Pferd« auf dem Weg zum eigentlichen Endziel Nationalpark. Das hat der Staatssekretär mit Blick auf seine Ziele zu Recht energisch bestritten. Das muss man ihm auch abnehmen. Aber: Ein Grüner rief einen Halbsatz in den Saal, den viele im Hinterkopf haben, wenn sie es ablehnen, irgendeinem Park oder Reservat den Weg zu ebnen: »Die nächste Lan-desregierung genehmigt den Nationalpark doch.« An diesem emotionalen Vorbehalt wird das Projekt mit scheitern!

Artikel vom 06.05.2006