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Viele im Kreis Höxter befürchten einen
»Nationalpark light«

Staatssekretär kämpft für Biosphärenreservat in der Egge

Von Michael Robrecht
Kreis Höxter (WB). Neue Anhänger für ein Biosphärenreservat in der Egge haben NRW-Umwelt-Staatssekretär Dr. Alexander Schink und seine Experten bei der großen Informationsveranstaltung in der Brakeler Stadthalle am Donnerstag nicht gewonnen. Entscheidende Teile der Politik im Kreis, Wirtschaft und Landwirtschaft äußerten herbe Kritik an dem Projekt Vorhaben, Naturschutzverbände und die Grünen sprachen sich dafür aus. Das Land hat dem endgültigen Votum für oder gegen das Reservat drei Informationsabende in Bad Meinberg, Brakel und Bad Lippspringe vorgeschaltet.

Dr. Schink ließ einen Katalog mit den wichtigsten Antworten auf Fragen aus dem Kreis Höxter an alle der 150 Besucher verteilen. »Die Veranstaltungen sind Vorbereitung für die konkrete politische Entscheidung der Region«, sagte der Staatssekretär. Sollten Kreistag und Räte das Biosphärenreservat ablehnen, sei das Thema in Düsseldorf endgültig vom Tisch. Anders als Rot-Grün beim Nationalpark wolle die CDU-FDP-Landesregierung nicht gegen den Willen der Mehrheit der Bürger ein solches Projekt, das ja auf die Mitarbeit der Region angewiesen sei, von oben durchdrücken.
Der Staatssekretär: »Bis zum Sommer soll entschieden werden, ob in Arbeitsgruppen Verhandlungen zwischen Land und Region geführt werden sollen oder ob Kreistag, Räte und Verbände, die jetzt alle einzelne Stellungnahmen abgeben müssen, das Projekt grundsätzlich nicht wollen.
Der Staatssekretär betonte noch einmal, dass ein Nationalpark Egge nicht weiter verfolgt wird. Die Personal- und Sachkosten eines Biosphärenreservates sollen bei einer Mitarbeiterzahl von höchstens sechs 400 000 Euro nicht überschreiten. Das Umweltministerium wäre bereit, bei einer Trägerschaft durch den eigenen Landesbetrieb Wald und Holz die Kosten komplett zu übernehmen, bei einer Trägerschaft durch den Naturpark zu 80 % zu fördern.
Eine Kernaussage Schinks: Neue Schutzgebietsausweisungen (Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete) wären für das Biosphärenreservat nicht erforderlich. Das Konzept eines Biosphärenreservats setze vielmehr auf eine nachhaltige Regionalentwicklung mit der Bevölkerung »und ist damit auch kein Instrument klassischer Naturschutzpolitik«.
Dr. Martin Woike (LÖLF) bot in der Versammlung an, dass aus den 36 000 Hektar, die der Kreis Höxter zum geplanten Biosphärenreservat zusteuert, 3100 Hektar landwirtschaftliche Flächen herausgenommen werden können - 88 000 Hektar umfasst das Biosphärenreservat in den Kreisen Höxter, Lippe und Paderborn insgesamt. Es zieht sich rund um Egge und Teutoburger Wald - von Scherfede bis Steinheim.
In der Diskussion stellte Werner Menne (Landwirtschaft) die Frage, was das Reservat tatsächlich für die Bürger bringe. Man befürchte einen »Nationalpark von hinten« übergestülpt zu bekommen, meinte auch Klaus Dieter Lessmann (Mittelstand). Hartwig Menke (CDU-Agrarausschuss) fehlt das Vertrauen, dass nach einem Biosphärenreservat später in Sachen Nationalpark nichts mehr komme - das Biosphärenreservat als »Nationalpark light« quasi vorweg. Kreislandwirt Johannes Potthast lobte, dass das Land sich nach dem Votum der Region richten werde. Gisbert Bläsing (Grüne) wies auf die Vorteile der Dachmarke »Reservat« hin. Konrad Kappe (EGV) hat Einschätzungen gehört, dass kein zusätzlicher Tourist wegen des Reservates in die Egge kommt.
Martin Wagemann (Forst) forderte die Region auf, die Chancen des Projektes als erstes Reservat in NRW zu erkennen. Klaus Schonlau (Landwirt) fragte, wer denn eigentlich hierzulande überhaupt nach einem solchen Biosphärenreservat verlangt habe. Michael Graf (MIT) befürchtet, dass Investoren aus der Wirtschaft vom Reservat stark abgeschreckt werden. Warburger Aspekte

Artikel vom 06.05.2006