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»Brauchen einen langen Atem«

E.ON-Chef Wulf Bernotat schwört Aktionäre auf Endesa-Übernahme ein

Von Tom Kaeckenhoff
Essen (Reuters). E.ON-Chef Wulf Bernotat will die Übernahme des Energiekonzerns Endesa gegen den Widerstand der spanischen Regierung mit Stehvermögen durchsetzen. »Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, wie beharrlich wir sein können«, sagte Bernotat gestern auf der Hauptversammlung in Essen.

Bernotat kritisierte die Regierung in Madrid, die eine Übernahme Endesas durch den heimischen Versorger Gas Natural unterstützt, obwohl dieser sieben Milliarden Euro weniger zahlen will als E.ON. »Ich sehe weiter gute Chancen, dass wir unser Ziel erreichen«, demonstrierte Bernotat Zuversicht, am Ende doch den Zuschlag zu erhalten und mit Endesa zu einem der größten Strom- und Gaskonzerne der Welt aufzusteigen.
»Die Partie in Spanien ist eröffnet«, sagte er vor tausenden Aktionären. »Um sie erfolgreich zu gestalten, brauchen wir einen langen Atem.« Während die meisten Aktionärsvertreter die 29 Milliarden Euro schwere Offerte unterstützten, wurde vereinzelt aber auch Kritik geäußert, dass sich Bernotat auch mit einem knappen Mehrheitsanteil von 50,01 Prozent an den spanischen Konzern zufrieden geben würde.
Für die spanische Regierung kommt aber auch das offenbar bislang nicht in Frage. Diese hatte kurz nach der Vorlage des E.ON-Angebots die nationale Energieaufsicht CNE dazu ermächtigt, den Einstieg der Deutschen zu überprüfen und gegebenenfalls zu blockieren. Spanien lehnt die Offerte ab, weil der Energiesektor in heimischer Hand bleiben soll.
»In einem freien Markt kann es allerdings nicht sein, dass ein Staat, der nicht Aktionär ist, protektionistisch in eine Markttransaktion eingreift«, griff Bernotat die spanische Regierung an. Er verwies darauf, dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien eingeleitet hat. Die spanische Börsenaufsicht könne das E.ON-Angebot aber erst frei geben, wenn die Energiebehörde grünes Licht gegeben hat. Wann die CNE entscheidet, ist offen.
Bernotat sagte, der Konzern sei zuversichtlich, dass die Aktionäre von Endesa zu Beginn der zweiten Jahreshälfte über das Angebot selbst entscheiden könnten. »Auf jeden Fall strebt E.ON eine Mehrheitsbeteiligung an.«
In einem Interview mit einer spanischen Zeitung hatte er sich am Wochenende jedoch dazu bereit erklärt, die restlichen Anteile spanischen Investoren zu überlassen. »Wir würden nur dann eine Position als Minderheitsaktionär zeitweise akzeptieren, wenn wir die Möglichkeit hätten, später die Mehrheit zu übernehmen«, hatte der E.ON-Chef zudem erklärt.
»Das ist nicht ganz verständlich«, kritisierte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) auf der Hauptversammlung. »Sie haben ein Angebot für 100 Prozent abgegeben«, sagte er. E.ON bietet 27,50 Euro in Bar je Endesa-Aktie. Der Konzern hatte bei der Vorlage der Pläne im Februar sein Angebot daran geknüpft, dass mindestens 50,01 Prozent der Papiere den Besitzer wechseln.

Artikel vom 05.05.2006