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Urvater der
Psychoanalyse

150. Geburtstag Sigmund Freuds

Wien (dpa/WB). Einiges hat sich im Laufe der Zeit geändert, doch vieles ist noch gültig von dem, was Sigmund Freud herausgefunden und gelehrt hat. Der Geburtstag des Begründers der Psychoanalyse jährt sich morgen zum 150. Mal.
Der Wiener Arzt Sigmund Freud.Foto: dpa

Die letzte noch lebende Patientin Sigmund Freuds hat erstmals öffentlich über die Stunden gesprochen, die sie im Frühjahr 1936 in der Ordination des weltberühmten Seelenarztes verbrachte. Die 1918 geborene Wiener Bildhauerin Margarete Walter sagte der »Zeit«: Er war ein steinalter Mann, der mich vollkommen ausdrücklich angesehen hat... Er war sehr gebrechlich, aber voller Kraft.«
Was dann folgte, mag Zeugnis darüber ablegen, welche »Revolution« Sigmund Freud mit der Gründung der Psychoanalyse »angezettelt« hat. Margarethe Walter, damals 18 Jahre alt, war von ihrem Hausarzt an Freud überwiesen worden, weil sie angeblich ein »Seelenleiden« habe. In Wahrheit wurde sie nur von ihrem autoritären Vater wie eine Gefangene behandelt. »Ich war einsam, überversorgt, eingesperrt und ziemlich sicher nicht geliebt.« Freud habe dies schnell erkannt, den Vater zumindest für die Zeit des Gesprächs des Raumes verwiesen, »und damit hat er etwas in mir geöffnet, was sonst niemand geöffnet haben wollte... seine ganze Anteilnahme umhüllte mich.«
Am Ende richtete Freud einen Appell an seine junge Patientin: »Zum Erwachsenwerden gehört die Überwindung der Klage und die Durchsetzung dessen, was eine Persönlichkeit ausmacht. Wünsche pflegen, Widerspruch hegen, nach dem Warum fragen und nicht alles stumm hinnehmen.« Daran hat sich Margarethe Walter gehalten und konnte so ihren Weg als Bildhauerin gehen: »Ich habe restlos ausgekostet, was er mir vermittelt hat. Und diese Seelennahrung ist über 70 Jahre nie versiegt... Er hat mir mein Leben gerettet.«
Freud wurde am 6. Mai 1856 in Freiberg (Mähren) geboren, kam im vierten Lebensjahr nach Wien, wo er Volksschule, Gymnasium und Universität absolvierte. Er promovierte 1881 als Doktor der Medizin und habilitierte sich 1885 als Dozent für Neuropathologie an der Uni Wien. Anfang der 90er Jahre widmete er sich nach physiologischen und neurologisch-histologischen Forschungen endgültig der Psychotherapie und der Psychologie. Er wurde, indem er die seelische Verursachung der Neurosen erkannte, der Schöpfer der psychoanalytischen Lehre, die sich zu einem selbständigen psychtherapeutischen Verfahren entwickelte. Freud starb am 24. September 1939 in Hamstead bei London.

Artikel vom 05.05.2006