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Farbiges Haus
muss ein guter
Nachbar sein

Bielefeld wird immer bunter

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Peter Schwabedissen, Obermeister der Maler- und Lackierer-Innung, sieht Rot. Oder Orange. Manchmal auch Sonnengelb oder Blau.

Die Stadt wird bunter. Schwabedissen: »Fassaden in leuchtenden Farben sind im Trend.« Das Architekturbüro Crayen + Bergedieck hatte im vergangenen Jahr schon - neben vielen privaten Hausbesitzern - einen »städtebaulichen »Farbklecks« gesetzt: die so genannte »Apfelsinenkiste« zwischen Mindener-/Arndt- und Große-Kurfürsten-Straße.
»Die Umgebung mit dem Ostwestfalendamm ist so trist, da gehörte Farben hin - eine Farbe, die auch in Schlechtwetterzeiten strahlt,« erklärt Architekt Volker Crayen die Entscheidung für die Fassadenfarben Orange, Rot und (etwas) Blau. Seine Überzeugung: »Viele Hausbesitzer sind die blassen Farben, die Pastelltöne leid, wagen mutigere Farben. Er weiß, dass sich der Trend von Süddeutschland nach Norden fortsetzt: »Rund ums Mittelmeer gibt es viele sehr farbige Häuser - ja, Fassadenreihen oder ganze Orte.« In Deutschland sei in diesem Jahr auch ein bundesweiter Wettbewerb zur Farbgestaltung im Wohnungsbau ausgeschrieben worden. Crayen will sich mit der »Apfelsinenkiste« beteiligen. (Infos: www.sternstadt-forum.de)
Einen Fassadenwettbewerb plant auch die Maler- und Lackiererinnung mit ihren 120 Mitgliedsbetrieben für 2007. Obermeister Schwabedissen: »Schöne Fassaden tragen auch zu einer Verbesserung des Stadtbildes bei.« Er erinnert sich an die 1970er/1980er Jahre: »Damals waren Putzfassaden in Braun, Grün, Ocker gefragt.« Auch damals schon habe man die »Farblosigkeit« in den Städten satt gehabt.
Immer, wenn die Sonne scheine, dann, so Schwabedissen, bekommen Hausbesitzer Lust auf neue Farbe - »draußen und drinnen«. Und wenn in der Nachbarschaft die Hausfassaden ein neues »Gesicht« bekämen: »Das kann einen Schneeballeffekt auslösen.« Die einzige Farbe, die Schwabedissen für »schwierig« hält, ist Blau: »Das muss hundertprozentig zur Umgebung passen, sonst wirkt es nicht.« Und es verschmelze zudem mit dem Himmel.
Für Heinrich-Martin Bruns, Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten OWL, ist Farbe längst nicht alles: »Sie muss zur Architektur passen. Die Form muss stimmen und dann können darauf die Materialien wie Fassadenfarbe abgestimmt werden.« Er appelliert an Hausbesitzer, Vorsicht walten zu lassen: ». . .damit man sich seine Hausfassade nicht schnell satt sieht.« Und er ergänzt: »Einen nicht gelungene Architektur kann auch eine farbige Putzfassade nicht retten.«
Crayen und Bruns sind sich einig: »Ein farbiges Haus muss ein guter Nachbar sein.« Dass »wahre Schönheit durch nichts zu entstellen sei, gelte beim »Farbigen Bauen« nur bedingt.

Artikel vom 06.05.2006