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Merkel und Bush streben ein
breites Bündnis gegen Iran an

Resolutionsentwurf der Westmächte - Sanktionen noch ausgespart

Washington/New York (Reuters/dpa). Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident George W. Bush wollen gemeinsam mit einem möglichst breiten Staatenbündnis eine diplomatische Lösung im Iran-Konflikt vorantreiben.
Bush appellierte nach dem einstündigen Gespräch mit Merkel am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington an den Iran, um des Weltfriedens willen sein umstrittenes Atomprogramm aufzugeben. Er sicherte der Kanzlerin zu, auf Alleingänge gegen den Iran zu verzichten. Merkel betonte nach dem Treffen im Weißen Haus: »Wir sind uns einig, dass wir diplomatische Lösungen finden müssen.« Die Erfolgsaussichten dafür seien gut.
»Allerdings ist klar, dass die Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft mit Geschlossenheit gezeigt werden muss.« Merkel lud Bush zum Gegenbesuch in ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern ein. Der US-Präsident soll voraussichtlich am 14. Juli nach Stralsund kommen. Stralsund gehört zu Angela Merkels Wahlkreis.
Bei einem Treffen mit Wirtschaftsvertretern in New York betonte Merkel: »Deutschland ist ein offenes Land für Investitionen aus Amerika.« Sie sprach sich für eine Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und den USA aus. Die Bundesrepublik ist für die USA-Wirtschaft größter Handelspartner in Europa. Am Abend war Merkel in Washington als Festrednerin zur 100-Jahr-Feier des American Jewish Committee eingeladen.
»Die Iraner müssen verstehen, dass wir nicht einknicken, dass unsere Partnerschaft stark ist und dass sie, um des Weltfriedens willen ihr Streben nach Atomwaffen einstellen sollten«, sagte Bush. Bush bezeichnete es als guten Ausgangspunkt, dass auch Russland dem Ziel eines atomwaffenfreien Irans zustimme. »Wir werden zu einer gemeinsamen Vereinbarung darüber kommen, wie wir fortfahren.« Bush wollte sich nicht über mögliche Sanktionen äußern. »Das gehört zu den Dingen, die Verbündete unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprechen.«
Kurz vor dem Treffen von Merkel und Bush hatten die USA, Großbritannien und Frankreich dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) eine Resolution zum Atomstreit vorgelegt. Wie aus dem Entwurf hervor geht, wird der Iran abermals aufgefordert, die Urananreicherung »unverzüglich« zu stoppen. Sanktionen werden jedoch nicht direkt angesprochen. Die Vetomächte im Sicherheitsrat wollen die Resolution bis Montag verabschieden.
Anders als die erste Erklärung hätte diese Resolution des Sicherheitsrates - rechtlich bindenden Charakter unter Kapitel VII der UN-Charta. Der Westen verdächtigt den Iran, sein ziviles Atomprogramm als Deckmantel zur Entwicklung von Nuklearwaffen zu nutzen. Russland und China sind gegen Sanktionen gegen den Iran. Kapitel VII ermächtigt den Sicherheitsrat zu Sanktionen bis hin zu Militärschlägen.
Der chinesische UN-Botschafter Wang Guangya sagte, der von Großbritannien, Frankreich und Deutschland erarbeitete Text sei strenger ausgefallen als er erwartet habe. »Ich glaube nicht, dass dieser Entwurf in der vorliegenden Form zu guten Ergebnissen führen wird«, wandte er ein. Auch der russische UN-Botschafter Waleri Tschurkin verlangte Änderungen. »Was die Sanktionsgeschichte betrifft, sind wir sehr skeptisch«, sagte er.
Amerikas UN-Botschafter John Bolton schloss eine Streichung des Bezugs auf Kapitel VII jedoch aus. Es sei auch denkbar, dass sich Russland und China der Stimme enthielten, sagte er. Laut Entwurf ist vorgesehen, dem Iran eine Frist zu setzen. Aus Diplomatenkreisen verlautete, es sei an nicht mehr als vier Wochen gedacht.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Bundestags-Ausschusses, Ruprecht Polenz, forderte die USA zu direkten Verhandlungen mit dem Iran auf. Die Sprachlosigkeit zwischen beiden Staaten müsse überwunden werden, forderte der CDU-Politiker. Merkel wollte sich nicht dazu äußern, ob auch sie für einen solchen Schritt geworben hat. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 05.05.2006