05.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Blütenträume mit Wurzeln in Südafrika

Gerbera-Kulturen wachsen auf dem Hof Meyer zu Bentrup - Landfest am Wochenende

Von Markus Poch (Text und Fotos)
Quelle (WB). Es war einmal ein Blümchen, das irgendwo im nördlichen Südafrika wuchs. Es war klein, sah eher aus wie ein Löwenzahngewächs, und niemand wollte es so recht beachten. Aus diesem Pflänzchen entwickelten Züchter seit seiner Entdeckung 1886 die herrlichsten Blütenträume, die heute als »Gerbera« zu den beliebtesten Schnittblumen der Welt gehören. Auf dem Queller Hof Meyer zu Bentrup wachsen davon jährlich bis zu 250 000 Stück in allen Farben heran.

Nach der langen Winterpause kommt die Gerbera-Ernte bei Claus Meyer zu Bentrup Anfang Mai auf Touren. Auf seinen 2000 Gewächshaus-Quadratmetern wachsen mehr als 12 000 Pflanzen. Darunter sind groß- und kleinblumige Arten, die alle von der ursprünglichen Wildform des Korbblüters »Gerbera Jamesonii« abstammen. Benannt wurde die Blume im Deutschen nach dem Oberlausitzer Mediziner Traugott Gerber, im Lateinischen nach dem schottischen Geschäftsmann Robert Jameson. Das geht zurück bis ins 18. Jahrhundert, aber Claus Meyer zu Bentrup hat solche historischen Daten parat. Dennoch rankt sich sein Geschäft nicht um Nostalgie, sondern knallhart um den Absatz der Blumen. Und der ist auf einem international umkämpften Markt kein Kinderspiel.
Zweimal pro Woche müssen seine Pflanzen ihre Blüten lassen. Sie werden manuell von den mehrjährigen Stauden gezogen. »Davon gehen etwa zwei Drittel an den Großhandel«, erklärt der Gärtner. »Ein Drittel landet bei uns im Hofladen oder auf Wochenmärkten.« Um gleichbleibende Qualität und lange Haltbarkeit zu gewährleisten, wachsen alle Gerberas in separaten Töpfen auf einer Mischung aus grobem, organischem Substrat (Torf, Kokosfaser) und Vulkangestein. Das so genannte »Perlite« sorgt für die Durchlüftung des Bodens und verhindert sein Verklumpen. »Die Bewässerung ist computergesteuert und erfolgt je nach Sonneneinstrahlung«, erklärt Meyer zu Bentrup. »Jede Pflanze hat ihren eigenen Tropfschlauch, über den sie eine Nährlösung bekommt, quasi intravenös, fast wie beim Arzt. Das ist alles, was die Gerbera braucht, um glücklich zu sein.«
Der Blumenanbau auf dem Hof Meyer zu Bentrup hat eine lange Tradition. Claus, mit heute 39 Jahren ältester von drei Brüdern, konnte kaum laufen, als sein inzwischen verstorbener Vater Manfred in den späten 60er Jahren damit anfing. »Damals gab es einen Riesenboom«, erinnert sich der Junior. »Jeder wollte Gerbera, egal wie und wie viele. Es war oft schwer, mit den Lieferungen nachzukommen.« Auf 240.000 Quadratmetern hielten sie ganzjährig eine Massenproduktion in Gang. Es ging, wie in allen Versteigerungsbetrieben, auch bei den Meyer zu Bentrups um die Makellosigkeit der Blüten und den größtmöglichen Durchmesser - das Ganze natürlich bei niedrigen Preisen. Unter dieser Philosophie litt oft die Haltbarkeit des einzelnen Blümchens. Zudem schlich sich in den 80er Jahren ein Image-Schaden ein: Die Gerbera galt plötzlich als kurzlebige Friedhofsblume, die Absätze gingen zurück.
Heute hat sich der Markt wieder beruhigt. Die Kultivierung perfekter, langlebiger Blüten ist längst möglich. Nur so kann Claus Meyer zu Bentrup seinen Kunden versprechen, dass ein Schnittblumenstrauß aus seinem Hause, egal ob Gerbera oder Rosen, mindestens sieben Tage lang frisch bleibt. Falls nicht, gibt es gratis einen neuen. »Wir produzieren weniger als früher und versuchen, ohne Chemie auszukommen«, erklärt er. »Das machen wir in erster Linie, um uns selbst zu schützen. Aber es wirkt sich auch positiv auf die Qualität der Pflanzen aus, denn sie leiden ebenfalls unter den Giften.«
Expertentipps für einen langlebigen Blumenstrauß: »Frisch anschneiden. Sonst vertrocknet das untere Ende und schränkt so den Wassertransport zur Blüte ein. Ein zweites Problem sind dreckige, verkeimte Vasen«, ergänzt Claus Meyer zu Bentrup. »Wenn die Blumen damit erstmal infiziert sind, ist alles verloren. Dann machen die Keime das, wozu sie da sind: Sie bauen pflanzliches Gewebe ab, egal, ob es ein altes Blatt ist oder eine frische Schnittstelle.«

Artikel vom 05.05.2006