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Nach Christian Morgenstern und Jakob Grimm

»Die Sprache
spiegelt unser Geistesantlitz
und unsere Seele.«

Leitartikel
Englisch, Denglisch, Deutsch & Co.

Porsche fährt voraus - auch sprachlich


Von Rolf Dressler
Das Volk erinnert sich und wird der Obrigkeit gerade diese Abirrung so bald gewiss noch nicht vergessen. Als die zwei Dutzend Köpfe kleine Rechtschreibreform-Kommission 1996 auf uns fast 83 Millionen Bürger losgelassen wurde, konnte wirklich noch niemand ahnen, mit welcher Bruchlandung das dann folgende Tun und Treiben zehn Jahre darauf (vorläufig?) enden würde.
Zwar scheint dank anhaltender Proteste wenigstens ein Teil des offenkundigen Neuregelungs-Unfugs gerade noch abgewendet worden zu sein. Immerhin aber haben die herrschende Politik und der ebenso anmaßend selbstherrliche »Un-Rat gegen die bewährte deutsche Rechtschreibung« gebührend kräftig ihr Fett wegbekommen. Für einen »ideologisch-idiotischen« Jahrhundert-Missgriff«, wie Prof. Dr. Matthias Hühn (Hannover) es am 17. März 2006, leider zutreffend, in der »Frankfurter Allgemeinen« formulierte.
Dabei stand allein schon bei diesem staatlich verordneten Eingriff in die gewachsene deutsche Rechtschreibung weit mehr auf dem Spiel als »nur« ein paar Än- derungen an diesem oder jenem Wort und einzelne, an Zahl unsinnigerweise stark verringerte Regeln für die Kommasetzung.
Denn wenn ein Lehrer zu zwei Störenfrieden in der Klasse sagt: »Ich werde euch auseinander setzen«, dann ist das nun einmal etwas völlig anderes, als wenn jemand in einer Diskussionsrunde erklärt, er wolle sich mit den Argumenten seines Gegenübers gründlich »auseinandersetzen«.
Apropos: Selbstbewusst und zielbestimmt im ureigenen kulturellen und wirtschaftlichen (!) Wettbewerbsinteresse sollten wir uns endlich mit der albern- deutschtypischen Manie des Pseudo-Englisch und des Quatsch-Denglisch auseinandersetzen. »Book shop«, »Holbein's Lounge«, »Preview«, »Unfinished Print«, »German Art«, »Art Talk for Families« und obendrein noch das »Event« eines »Goethe-Jumps« - für diesen Sprachsalat verlieh der Verein Deutsche Sprache mit dem Dortmunder Professor Walter Krämer an der Spitze dem Leiter des Frankfurter Städel-Museums, Prof. Herbert Beck, verdientermaßen den Titel »Sprachpanscher des Jahres 2005«.
»Underwear« statt Unterwäsche, »Nice-Price-Offerten« statt Günstige Angebote, »Fashion for Kids« statt Kinderkleidung oder Kinderklamotten, »X-mas-Songs« statt Weihnachtslieder, »Round table meetings« statt Bibelstunden, »Fasten seat belt!« statt Bitte, Gurt anlegen! Den Sat1-Werbespruch »Powered by emotion« verstanden zwei von drei Zuschauern absolut nicht, andere übersetzten ihn mit »Kraft durch Freude« oder mit »Von Emotionen gepudert«... usw.
Eine der löblichen Ausnahmen ist übrigens die deutsche Welt-Erfolgsfirma Porsche. Gerade auch die Ingenieure dort sprechen konsequent Deutsch miteinander. Ergebnis: Jeder Handgriff, jeder Arbeitsgang wird von allen verstanden. Und eben weil auch die Unternehmens(sprach)kultur stimmt, »passt« die Qualität.
Vorteil Deutschland.

Artikel vom 06.05.2006