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Grundsteuer wird reformiert

Mehrbelastung vor allem bei älteren Häusern möglich - Einheitswert entfällt

München (dpa/WB/kol). Nach jahrelangen erfolglosen Reformversuchen rückt eine Modernisierung der Grundsteuer näher. Die Finanzminister der Länder verständigten sich am Freitag in München darauf, die auf völlig veralteten Daten basierende Bemessungsgrundlage für die etwa 30 Millionen Grundstücke in Deutschland zu vereinfachen.

Ob dies zu höheren oder niedrigeren Belastungen der Hausbesitzer und Mieter führt, hängt von der jeweiligen Kommune ab.
Höhere Grundsteuern sind bei älteren Gebäuden und unbebauten Grundstücken möglich. In der Summe soll die Reform aber nicht zu höheren Einnahmen für den Fiskus führen. »Die Reform ist kein Modell zur Erhöhung des Steueraufkommens«, betonte der scheidende rheinland-pfälzische Finanzminister Gernot Mittler (SPD) nach dem Treffen.
Die Einnahmen der noch aus Kaiserzeiten stammenden Grundsteuer stehen allein den Gemeinden zu. Mit rund zehn Milliarden Euro ist sie nach der Gewerbesteuer die aufkommenstärkste eigene Steuer der Städte und Gemeinden. Für eine neue Bemessungsgrundlage ist es aus Sicht der Finanzminister angesichts der alten Einheitswerte von 1964 im Westen und 1935 im Osten höchste Zeit. Diese Werte werden genutzt, um die Steuerschuld festzusetzen. Sie liegen häufig unter dem tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie.
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Grundsteuer auf Basis der Vorarbeiten von Bayern und Rheinland-Pfalz neu zu regeln. Die Finanzminister beschlossen nun, einen konkreten Gesetzesvorschlag vorzubereiten. Der Vorschlag aus Bayern und Baden-Württemberg sieht vor, dass Grundstücke künftig nach dem so genannten Bodenrichtwert besteuert werden, den die Kommunen alljährlich neu festsetzen. Gebäude sollen dem Vorschlag zufolge je nach Nutzungsart bewertet werden. So sollen für Ein- und Zweifamilienhäuser 800 Euro je Quadratmeter angesetzt werden, bei Mehrfamilienhäusern mit Mietwohnungen sind es 600 Euro.
Steigen könnte die Grundsteuer dort, wo Eigentümer wegen der alten Datenbasis bisher eher geringe Beträge gezahlt haben, obwohl die Grundstückspreise gestiegen sind. Auch bei älteren Gebäuden sind höhere Abgaben möglich. Zudem könnten Kommunen - vor allem in Randlagen - versuchen, ihre Hebesätze anzupassen und so ihre Finanzprobleme lösen.
Auch in Zukunft sollen die Kommunen eigene Grundsteuerhebesätze festlegen dürfen. Mit diesem Satz wird der Steuerwert der jeweiligen Immobilie multipliziert. Günstige Hebesätze haben in Ostwestfalen-Lippe unter anderem Schloß Holte-Stukenbrock (240 Prozent), Delbrück (295) und Borchen (320). Die höchste Grundsteuer erhebt die Stadt Bielefeld (440 Prozent). Im Mittelfeld mit jeweils 381 Prozent liegen Büren, Lichtenau, Paderborn, Salzkotten,Willebadessen, Borgentreich, Versmold, Halle, Borgholzhausen sowie Altenbeken (380), Bad Lippspringe und Hövelhof (360) sowie Warburg (390).
Im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug wollen die Bundesländer eng zusammenarbeiten. Bereits vorhandene Kontrollsysteme sollen durch bundesweit einheitliche EDV-Systeme aufgerüstet werden. Damit soll vor allem verhindert werden, dass Unternehmer Vorsteuerabzüge geltend machen, die ihnen nicht zustehen. Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung schätzt die jährlichen Umsatzsteuerausfälle einschließlich der Schwarzarbeit auf rund 17 Milliarden Euro.
Wichtiges Thema bei den Beratungen der Minister war erneut der hohe Schuldenberg. Alle staatlichen Ausgaben sollten angesichts dieser Zahlen auf ihre Wirksamkeit geprüft werden: »Nicht das Mehr an öffentlichen Mitteln, sondern das Erreichen bestimmter Ziele muss der Maßstab für die Beurteilung der Qualität der Arbeit in einem Politikfeld sein.«

Artikel vom 06.05.2006