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»Schwerer« Diebstahl
bei Ganoven beliebt

Metallpreis macht jeden Schrott zur begehrten Beute

Potsdam (dpa). Sie nehmen im wahrsten Sinne des Wortes jeden Schrott mit - von Gullydeckeln über Eisenbahngleise bis hin zu tonnenweise Kabeln. Doch auch vor Kunstgegenständen und sogar Grabinschriften schrecken sie nicht zurück: Metalldiebe in Deutschland werden immer dreister.

»Entwendet werden alle metallenen Gegenstände, die sich in Ýbare MünzeÜ umwandeln lassen«, sagt eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden. Oft belaufe sich die Menge je Diebstahl auf mehrere Tonnen. Landeskriminalämter vermelden einen deutlichen Anstieg der Metalldiebstähle. Grund: Die drastisch gestiegenen Schrottpreise.
Nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV) wurden für eine Tonne Altschrott im Januar dieses Jahres 161 Euro gezahlt, im März bereits 185 Euro. »Lukrativer ist das Geschäft mit Messing und Kupfer«, sagt BDSV-Geschäftsführer Ulrich Leuning. »Da bringen schon kleine Mengen hohe Summen.« So stieg etwa der Preis für 100 Kilogramm Messingschrott zwischen Februar 2005 und Februar 2006 von 125 auf 260 Euro.
Kein Wunder, so die Einschätzung der Ermittler, dass Metalldiebe immer öfter zuschlagen. Wurden etwa in Brandenburg 2001 noch 93 dieser Delikte registriert, waren es im vergangenen Jahr bereits 810. »Der Schaden ist von 116 806 Euro (2001) auf 2 733 947 Euro (2005) gestiegen«, sagt der Sprecher des dortigen Landeskriminalamtes, Toralf Reinhardt. »Die Beute reichte von der Baggerschaufel bis zur Edelstahltreppe.« Zum Diebesgut zählten aber auch Aluminiumfässer, Stahltore und sogar - so geschehen in Müncheberg (Brandenburg) - ein lebensgroßes Wildschwein aus Bronze. Skulpturen und eine 100 Kilo schwere Tafel aus Bronze ließen unlängst Metalldiebe aus Wuppertaler Parks mitgehen. Ende 2005 verschwanden von einem Lagerplatz am Rangierbahnhof Braunschweig zehn Tonnen Schienen, im Januar von einer stillgelegten Bahnstrecke in Mecklenburg-Vorpommern 300 Meter. »Wenn große Mengen gestohlen werden, dann kann es nur organisierte Bandenkriminalität sein«, sagt Ulrich Leuning vom BDSV.
Nach Einschätzung von mehreren Schrotthändlern wird das meiste Diebesgut über die Grenze Richtung Osten geschmuggelt. Weder Lagerplätze, Bauhöfe noch Schrottfirmen sind nach Polizeiangaben vor den »schweren Jungs« sicher. Auch aus leer stehenden Häusern nehmen die Täter alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist - ob Heizungen, Wasserhähne oder Elektroleitungen. Auf die immer dreisteren Metalldiebe haben einige Kommunen schon reagiert: In Magdeburg sind Gullydeckel angeschweißt worden.

Artikel vom 06.05.2006