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Auch Mütter können im
Beruf Karriere machen

Projekt von Bertelsmann-Stiftung und Familienministerin

Von Bernhard Hertlein
Gütersloh (WB). Frauen, die Familie und Beruf verbinden. Mütter, die Karriere machen und trotzdem ihre Kinder nicht vernachlässigen. Noch sind es in Deutschland nur wenige.

Es müssen mehr werden - schon allein, weil dem Arbeitsmarkt sonst wichtige Fachkräfte fehlen, sagt Liz Mohn, die stellvertretende Vorsitzende der von ihrem Mann gegründeten Gütersloher Bertelsmann-Stiftung. Gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sie deshalb ein Projekt angestoßen, das der Wirtschaft zeigen soll, dass familienfreundliche Strukturen die Motivation der Beschäftigten und den Erfolg des Unternehmens befördern.
Das Buch »Die Unmöglichen - Mütter, die Karriere machen« (Diana-Verlag, 17,95 Euro) ist Teil dieses Projekts. Die »Spiegel«-Redakteurinnen Anke Dürr und Claudia Voigt sowie neun weitere erfolgreiche Journalistinnen stellen darin elf Frauen vor, die es geschafft haben - prominente Frauen mit imposanten Karrieren als Unternehmerin, Managerin, Wissenschaftlerin, Schauspielerin, Politikerin, Juristin, Bischöfin oder Opernsängerin.
»Ich wusste, wenn das was werden soll mit dem Semester, dann muss ich nach spätestens zwei Wochen wieder in der Vorlesung sein«, erzählt Ellen Maus, Berliner Studentin der Ingenieurwissenschaften und einzige Noch-Nicht-Prominente in diesem Buch. Jetzt ist sie schon zwei Jahre Mutter und ihre Kommilitonen haben sich daran gewöhnt, dass sie ab und zu ein Kind in die Vorlesung mitbringt. »Das Leben mit Kind«, sagt Ellen Maus, »ist ein Leben plus x.« Immer sei da ein Unsicherheitsfaktor, den man nicht berechnen könne, aber mit dem man kalkulieren müsse.
Eine Konsequenz: Ellen Maus fängt nicht ihre Mitstudenten erst zehn Tage vor der Prüfung mit dem Lernen an, sondern viel früher. So gibt es stets einen Puffer, wenn sich eines der beiden Kinder partout nicht an den Stundenplan halten will und zum Beispiel zur unpassenden Zeit krank wird.
Vorausschauend planen, flexibel sein - das sind Rezepte, nach denen auch andere Frauen ihren Berufsalltag gestalten. Zu Juliane Kokott, Generalanwältin im Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, kommen wöchentlich fünf Kinderfrauen, alle Studentinnen, jeden Werktag eine andere. So lässt sich der Alltag mit sechs Kindern zwischen acht Monaten und 17 Jahren organisieren. Denn auch Kokotts Ehemann hat Karriere gemacht und kann nur bedingt einspringen, wenn die Mutter in der Woche in einer fremden Stadt wohnt. »Man macht angesichts der Vielfalt von Modellen am besten, was man selbst für richtig hält«, sagt sie. So reagiert sie auch gelassen, als der Lehrer ihrer siebenjährigen Tochter erklärt, er und seine Frau würden ihre Kinder nie einem Kindermädchen anvertrauen. Die Erziehung eines Kindes sei schließlich etwas sehr Persönliches. Jede und jeder habe das Recht auf ein eigenes Modell.
Dass man das eigene Modell auch manchmal gegen den Widerstand der Gesellschaft durchsetzen muss, erfuhr die heutige Landesbischöfin von Hannover, Margot Kläßmann, am eigenen Leib. Sie war gerade zum zweiten Mal schwanger, diesmal mit Zwillingen. Mit ihrem Mann, Pfarrer wie sie, wollte sie sich eine Stelle teilen. Doch die hessische Landeskirche schickte ihr eine Pröbstin ins Haus, die sie fragte, was sie der Gemeinde antue. »Da bin ich in die Knie gegangen«, sagt Kläßmann im Rückblick, »zum ersten und einzigen Mal.« Heute, in ihrer neuen Rolle auch als Arbeitgeberin, stellt sie sogar bevorzugt junge Mütter ein: »Die sind unglaublich motiviert, weil sie nach der Babypause froh sind, was anderes machen zu können.«
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Artikel vom 18.05.2006