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Savoldelli wieder vorn

Geplante Pleite: Ullrich nur auf der »Rolle« die 1

Von Sören Voss und Johnny Dähne
Seraing (WB). Beim Warmfahren auf der »Rolle« war er für Medien und Fans der gefragteste Mann: Jan Ullrich stahl seiner Konkurrenz zum Auftakt des Giro d'Italia die Show. Auf der Strecke wusste »Ulle« beim Prolog über 6,2 Kilometer im belgischen Seraing hingegen nicht zu überzeugen.

Während Vorjahressieger Paolo Savoldelli in der Arbeiterstadt vor den Toren Lüttichs auf seiner Zeitfahrmaschine um jede Sekunde rackerte und das Ziel als Einziger unter der Acht-Minuten-Marke erreichte (7:50 Min.), fuhr der Tour-de-France-Gewinner von 1997 einmal mehr hinterher.
Platz 80 in seiner Paradedisziplin - und das mit 49 Sekunden Rückstand! Was für die zahlreich angereisten Ullrich-Fans eine Enttäuschung bedeutete, war für den Profi eine geplante Pleite. »Ich nutze den Giro nur zur Tour-Vorbereitung. Bei mir lief es besser als zuletzt, aber ich kann noch nicht in die obersten Bereiche gehen. Ich freue mich auf die nächsten Tage, obwohl es für mich sehr schwer wird«, sagte der T-Mobile-Kapitän, der sofort vor Autogrammjägern und Reporterfragen flüchtete.
Sechs Sekunden mehr als Ullrich benötigte sein Helfer Jörg Ludewig für das Einzelzeitfahren. Seinen 104. Platz (8:45 Min.) nahm der Steinhagener gelassen: »Wir haben niemanden für das Gesamtklassement und müssen keine Erfolge einfahren. Die Tour de France hat Priorität, und wir versuchen hier, ÝUlleÜ mit dem Team in Form zu bringen.«
Was noch lange nicht bedeutet, dass der Steinhagener bei seinem Giro-Debüt drei Wochen lang nur an der Seite des Chefs fahren wird. »In den ersten Tagen soll ich versuchen, bei den Ausreißern mitzuspringen. Bei der Tour habe ich drei Jahre gebraucht, um die richtige Gruppe zu erwischen. Mal schauen, wie es beim Giro läuft«, sagte Ludewig. Er war als einer der ersten Pedaleure auf den Kurs am Ufer der Maas gegangen und bewunderte den Husaren-Ritt Savoldellis per TV im Hotelzimmer.
In der verträumten wallonischen Kleinstadt verpasste Ludewig derweil eine sich bei jedem Fahrer steigernde Stimmung unter den radsportverrückten Einheimischen. Sie machten das größte italienische Radrennen kurzerhand zu einem belgischen Volksfest der besonderen Sorte.
Hautnah dabei waren auch zahlreiche deutsche Fans, die den »Katzensprung« über die Grenze nicht gescheut hatten. Und ihr Ausflug sollte sich trotz der enttäuschenden Leistung von »Ulle« lohnen. Denn immerhin versöhnte sie Landsmann und Ex-Lamonta-Fahrer Stefan Schumacher (Team Gerolsteiner) mit einem überraschend starken vierten Prolog-Platz.
Auf der 2. Etappe von Mons nach Charleroi siegte der Australier Robbie McEwen im Massenspurt vor Olaf Pollack aus Kolkwitz. Jan Ullrich erreichte das Ziel zeitgleich im Hauptfeld. Supersprinter Alessandro Petacchi erlitt als Vierter eine bittere Niederlage - Paolo Savoldelli verteidigte das Rosa Trikot.

Artikel vom 08.05.2006