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»Kopflos« auf dem Potsdamer Platz

Regisseur Terry Gilliam inszeniert seine Kunstobjekte mitten in Berlin

Berlin (dpa). Der britische Starregisseur Terry Gilliam (»Monty Python«, »Brazil«) stellt heute sein Kunstprojekt auf dem Potsdamer Platz in Berlin vor.
Nach wie vor von Märchen inspiriert: der Regisseur Terry Gilliam.Foto: dpa

Dafür hat der 65-Jährige kopflose Figuren entworfen, bei denen die Passanten in deren Hals auf ein Video schauen können. Es zeigt historische Bilder des Platzes, der zu Mauerzeiten Niemandsland war. Dabei werden die Passanten wiederum von einer Kamera fotografiert. Diese Porträts erscheinen dann auf einer Gebäudewand, wo sie sich mit alten Bildern abwechseln. Der Betrachter geht so auf Zeitreise und wird Teil des Kunstwerks.
Die Ausstellung »Past People of Potsdamer Platz« läuft bis zum 8. Juni und gehört zur Ausstellung »Transition«, die die HVB-Immobilien AG ins Leben gerufen hat. 70 000 Menschen kommen täglich am Potsdamer Platz vorbei, heißt es in der Ankündigung. Gilliam (»Fear And Loathing In Las Vegas«, »12 Monkeys«) hat bereits für eine Londoner Ausstellung eine Installation entworfen und bringt mit »Tideland« dieses Jahr auch einen neuen Film in die Kinos.
Die Installation von Terry Gilliam & Friends am Potsdamer Platz 10 wird immer ab Dämmerung und in den Morgenstunden laufen. Damit niemand gegen seinen Willen fotografiert wird, wenn er in die Figuren blickt, sind dort entsprechende Hinweise auf die Kunstaktion angebracht.
Für Terry Gilliam ist Lesen das beste Gedächtnistraining. »Lesen ist ein Weg, seinen Geist beieinander zu halten. Man muss alles erfinden. Beim Lesen muss man die ganze Arbeit selbst erledigen. Das trainiert diese seltsamen Muskeln, von denen niemand weiß, wo sie sitzen: die Fantasie- Muskeln«, sagte der 65-Jährige der Wochenzeitung »Die Zeit«. Werke seiner Kollegen und Fernsehsendungen interessierten ihn wenig.
Bis heute inspiriert den Regisseur das AndersenMärchen »Des Kaisers neue Kleider«. »Dort ist das Kind der einzige Mensch, der die Wahrheit sieht - und ausspricht«. Ein solches Verhalten nehme er sich zum Vorbild. »Bei jedem Film versuche ich, eine wahrhaftige Aussage zu machen über die Welt, wie ich sie zu diesem Zeitpunkt sehe. Wenn ich fertig bin, merke ich manchmal, dass ich mich getäuscht habe.«
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Artikel vom 04.05.2006