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Blüten sollten
die Außenwelt
erschüttern

Letzte Klappe für »Der Fälscher«

Von Imke Hendrich
Potsdam (dpa). »Wir wussten, wir sind tot«. Adolf Burger hatte längst mit dem Leben abgeschlossen. Als einer von 140 jüdischen Häftlingen musste er während des Zweiten Weltkriegs für die Nazis in der Fälscherwerkstatt des KZ Sachsenhausen bei Berlin Millionen falsche englische Pfundnoten, Briefmarken, Reisepässe und einige Dollar herstellen.
Karl Markovics und Regisseur Stefan Ruzowitzky.

Es war die größte Fälscher-Aktion der Geschichte. »Wir hatten in unseren streng abgeschirmten Baracken Brot, so viel wir wollten, Zeitungen und Schachspiele, die Wärter haben uns nie geprügelt - aber wir wussten auch, dass wir dort niemals lebend rauskommen würden«, erzählt der heute 88-Jährige. Nach seinen Erinnerungen entsteht derzeit der Kinofilm »Der Fälscher« unter anderem in Potsdam-Babelsberg. Die letzte Klappe soll heute fallen.
»Es ist das vierte Drehbuch, das verfilmt wird«, sagt Burger, der nach eigenem Bekunden als Berater für die Hamburger Produktionsfirma magnolia Film mehrfach sein Veto einlegte. »Es ist zwar »nur« ein Spielfilm, aber ich wollte nicht zulassen, dass etwas falsch dargestellt wird.« Die 4,2 Millionen Euro teure Produktion unter der Regie von Stefan Ruzowitzky (»Anatomie«) soll im Frühjahr 2007 in die Kinos kommen.
Im Mittelpunkt des Films steht der Konflikt zwischen Salomon Sorowitsch (Karl Markovics), dem Ganoven und Gigolo, und Adolf Burger (August Diehl). »Diehl hat mich besucht, und wir haben lange geredet«, sagt der in Prag lebende Burger. Er war am 1. April 1944 in den »Todesblock« der Fälscherwerkstatt im KZ Sachsenhausen gekommen, aus Auschwitz. Als gelernter Buchdrucker war er für die Nazis und ihre perfiden Pläne höchst interessant.
Sie suchten auch in anderen Konzentrationslagern »Experten« zusammen: Typografen, Grafiker sowie Bankbeamte für die Kontrolle der »Blüten«. Auch ein Zahnarzt war darunter, denn die Häftlinge durften nicht zum Lagerarzt oder mit anderen KZ-Häftlingen zusammentreffen. Es galt höchste Geheimhaltung; außer wenigen Personen um Hitler und Himmler wusste niemand von der Fälscherwerkstatt.
Mit ihren seit 1942 hergestellten »Blüten« - laut Burger allein 134 Millionen englische Pfund - wollten die Nazis Edelsteine und Devisen kaufen, aber auch durch massives Verbreiten der Falsifikate die Währung in England destabilisieren. »Viel ist bekannt über Auschwitz, aber kaum einer weiß, dass die Nazis nicht nur Mörder, sondern auch miese Geldfälscher waren«, erzählt Adolf Burger.

Artikel vom 04.05.2006