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Gelingende Erziehung wieder lernen

Heute im Gespräch: Ursula von der Leyen (CDU), Familienministerin

Bünde (WB). Ein weiteres »Bündnis für Familie« hat Familienministerin Ursula von der Leyen gestern in Bünde (Kreis Herford) besiegelt. Fragen von Reinhard Brockmann.
Ursula von der Leyen findet überall Verbündete.

Welches Signal setzt das Elterngeld?Von der Leyen: Dass es nicht gleichgültig ist, wenn junge Menschen sich für Kinder entscheiden und damit im Beruf auch Einkommenseinbußen in Kauf nehmen. Wir wollen einen Schonraum für Vater und Mutter schaffen. Gerade die breite Mitte unserer Gesellschaft erlebt eine Achterbahn, wenn Kinder kommen. Es türmen sich die Probleme, ein Einkommen bricht weg, bei Alleinerziehenden sogar die gesamte Existenz. Hier müssen wir eine Stütze geben und einen Schonraum schaffen.
Bündnisse für Erziehung waren früher nicht nötig...?Von der Leyen: ...es gab die Großfamilie, das Dorf und viele, die die Familie unterstützten. Heute sind die Familien kleiner und bunter. Wo Großeltern hunderte Kilometer entfernt leben und der Alltag komplizierter geworden ist, da müssen wir Strukturen schaffen, dass Familien und ihre Werte in einer modernen Gesellschaft gelebt werden können.

Sie wollen mehr als flexible Öffnungszeiten von Kindergärten?Von der Leyen: Wir müssen uns fragen, was ist gelingende Erziehung? Was wurde früher von Generation zu Generation weitergegeben? Was können wir ganz praktisch tun in den Räumen, in denen Kinder am Lebensanfang Werte erfahren? In einer Kindertagesstätte wird Respekt vor dem Leben gelernt, wenn ein kleines behindertes Kind mit in der Gruppe ist und in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen wird. Aufrichtigkeit soll gelernt werden. Erwachsene dürfen nicht verlangen, »Du sollst nicht lügen«, sich selbst am Telefon aber verleugnen lassen.

Sind Grundwerte Extras oder unverzichtbar?Von der Leyen: Unsere Kultur basiert auf Grundwerten. Sie sind universell, von niemandem gepachtet und gehen alle an. Mit den christlichen Grundwerten verhält es sich wie mit der Muttersprache. Wir müssen sie erlernen, um später andere Sprachen oder andere Religionen kennenzulernen Kinder brauchen Orientierung. Nichts ist schlimmer, als Kinder in Beliebigkeit zu lassen.

Was fehlt an einer Erziehung ohne Gebet? Von der Leyen: Es geht nicht um das bloße Sprechen eines Gebets, sondern um die Fragen die Kinder haben: Wo komme ich her? Was ist, wenn du tot bist, Mama? Sehe ich dich dann wieder? Außerdem: Ein Tischgebet bedeutet einen gemeinsamen Beginn und 20 Sekunden Besinnung, dass es mehr gibt als Essen und Trinken, sondern auch Dank und Hilfe.

Artikel vom 04.05.2006