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Fall Windhorst:
Ermittlungen
gegen Marseille

Verdacht von Börsenmanipulationen

Von Ernst-Wilhelm Pape
Rahden (WB). Im Fall des einstigen deutschen Vorzeigeunternehmers Lars Windhorst (29) aus Rahden (Kreis Minden-Lübbecke) ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin in einem von drei Strafverfahren auch gegen den Hamburger Klinikbetreiber Ulrich Marseille.
Hat mehr als 80 Millionen Euro Schulden: Lars Windhorst.

Bei ihren Ermittlungen unter dem Aktenzeichen 5 Wi Js 1510/05 geht die Staatsanwaltschaft dem Verdacht von Börsenmanipulationen nach. Beschuldigte sind Lars Windhorst, Ulrich Marseille und Frank Rahn, ehemaliger Abteilungsleiter der M.M. Warburg & Co. Luxembourg S.A., einer Tochter der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co. In Ostwestfalen-Lippe betreibt Marseille das St. Nikolaus-Hospital in Büren (Kreis Paderborn).
Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin schon seit 2003 gegen Windhorst wegen Betruges in einem besonders schweren Fall zum Nachteil von Marseille. In einem dritten Verfahren gegen Windhorst wird dem Verdacht auf Insolvenzverschleppung nachgegangen.
In allen drei Verfahren dauerten die Ermittlungen an, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin, Michael Grunwald, dieser Zeitung. Ein Ende der Ermittlungen sei nicht abzusehen.
Strafanzeige gegen Windhorst hatte Marseille bereits am 16. Dezember 2003 erstattet. Der Hamburger Unternehmer hatte dem Jungunternehmer im Jahr 2001 ein Privatdarlehn von 20 Millionen Mark gewährt, das nicht zurückgezahlt wurde.
Als Sicherheit hatte Windhorst angegeben, dass eine über das Bankhaus M.M. Warburg Luxemburg vermittelte Investorengruppe mit afrikanischem Hintergrund Eigenkapital in Höhe von 20 Millionen Mark in die Windhorst New Technologie AG einzahlen wollte. Das Geld soll nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft aus dem Vermögen der Familie des früheren nigerianischen Diktators Sani Abacha stammen. Dessen Clan soll Geld bei der Luxemburger Filiale von M.M. Warburg angelegt haben.
Dem Abacha-Clan wird die Plünderung Nigerias vorgeworfen. Ein Teil der Gelder soll in die Schweiz geflossen sein. Die Genfer Justiz hatte das Einfrieren der Gelder angeordnet und mehrere 100 Millionen Dollar blockiert. 500 Millionen Dollar wurden an Nigeria zurückgegeben.
Aba Abacha, Sohn des Ex-Diktators Sani Abacha, war im vergangenen in einem Hotel in Neuss festgenommen und später an die Schweiz ausgeliefert worden. Gegen ihn wird wegen Geldwäsche, Betruges und Untreue ermittelt.
Aus dem Betrugsverfahren gegen Windhorst hatte sich nach Zeugenvernehmungen für die Staatsanwaltschaft Berlin das Verfahren wegen Börsenmanipulationen ergeben. Aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Berlin geht hervor, dass in Zusammenhang mit der Gewährung des Darlehns an Windhorst Verkäufe von Aktien der Marseille Kliniken AG im Wert von mehr als 20 Millionen Mark getätigt wurden. Daran soll die M.M. Warburg Bank beteiligt gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft Berlin sieht im Hinblick auf ein mögliches Vergehen nach dem Börsengesetz Klärungsbedarf. Die Staatsanwaltschaft zieht in Betracht, dass Geschäfte fingiert oder Scheingeschäfte abgeschlossen wurden, die dazu dienten, eine rege Umsatztätigkeit am Markt vorzuspielen. Während der Verkäufe war der Kursverlauf der Aktien erheblich gestiegen.
Der Jungunternehmer Windhorst hatte bereits mit 16 Jahren in Rahden begonnen, ein weltweites Firmenimperium aufzubauen. Später verlagerte er seine Geschäftstätigkeit nach Berlin. Windhorst hatte Insolvenz anmelden müssen. Sein Schuldenstand wird mit mehr als 80 Millionen Euro angegeben.

Artikel vom 04.05.2006