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Klippen in zarten Dunst getaucht

Große Caspar-David-Friedrich-Schau - Schirmherrin ist Königin Silvia

Essen Geheimrat Goethe soll empfohlen haben, die Gemälde Caspar David Friedrichs (1774-1840) an der nächsten Tischkante zu zerschlagen.

Stimmt diese Anekdote, dann hat das an Klassizismus und Antike orientierte Genie aus Weimar sehr wohl gespürt, welche Tür zu einem unerhört modernen Weltgefühl Friedrich mit seinen romantischen Bildern aufgestoßen hat. Eine atemberaubende Werkschau im Essener Museum Folkwang lädt von Freitag an die Kunstfreunde von heute ein, den seit etwa einem Jahrzehnt weltweit als wichtigsten Maler der deutschen Romantik gefeierten Künstler näher kennen zu lernen.
Die Schau »Caspar David Friedrich - Die Erfindung der Romantik«, mit mehr als 70 Gemälden und etwa 120 Arbeiten auf Papier umfangreicher und inhaltsschwerer als die bisher letzte Retrospektive 1974, ist bis zum 20. August zu sehen. Aus 50 Museen aus aller Welt stammen die teils erstmals entliehenen Werke wie die »Kreidefelsen auf Rügen« (1818), die den Begriff »Romantik« bis in den heutigen Alltag geprägt haben.
Perspektive-Tricks sorgen zudem für Schwindelgefühle beim Blick in die Klüfte der Kreideküste Rügens: Detailtreue in höchst delikater Malweise verschleiert subtil die Spröde der Konstruktion. Und nebelverhangene Täler (»Wanderer über dem Wolkenmeer«, 1818) oder die atemberaubenden »Morgennebel im Gebirge« (1808), in der Essener Schau eines der schönsten und weniger populären Gemälde mit zart aus dem Dunst auftauchenden Klippen, stellen eine grundsätzliche Frage: Was ist Sehen?
Noch vor dem Publikum wurde gestern abend Schwedens Königin Silvia in Essen erwartet. Sie macht als Schirmherrin ihrem »Untertan« eine Aufwartung, denn Friedrichs Heimatstadt Greifswald stand bei seiner Geburt unter schwedischer Regentschaft.

Artikel vom 03.05.2006