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Das Spiel dauert
90 Minuten. . .

. . .auch, wenn »Wir im Finale« sind

Bielefeld (bp). Klar, das Stück dauert 90 Minuten. Es ist das Finale. DAS Finale. Ob Deutschland (oder wer auch immer) Weltmeister wird, bleibt offen. Zumindest im TAMzwei. Aber zu erleben ist ein ungemein spannender Spielverlauf bei »Wir im Finale«; das Stück von Marc Becker hat am Sonntag, 7. Mai, Premiere (TAM, 19.30 Uhr).

Regisseur Patrick Schimanski verspricht einen Abend »für alle, die Fußball lieben, und für alle, die Fußball hassen«. »Wir im Finale« ist kein Stück mit verteilten Rollen, sondern ein vielstimmiger Schlachtruf. In Bielefeld nicht in einem (WM-?)Stadion, sondern in einer Kneipe mit Fernsehgerät: Dort trifft der Akademiker den Proll, der selbstherrliche Experte den Ahnungslosen, aber ein bisschen Bundestrainer sind natürlich alle.
Entstanden ist das Stück bereits vor zwei Jahren. Damals war noch der »Ruuudi« Bundestrainer und der »Gerd« Bundeskanzler, aber bei der Einspielung (oder dem Neusprechen) ihrer Phrasen werde man, so Regisseur Schimanski, »wieder einmal erleben, wie hohl und austauschbar deren Statements sind«. Ähnliches gelte für Stadiongesänge. Schimanski: »Aus dem Zusammenhang gerissen haben die fast schon satirische Qualität.«
Eine Handlung im klassischen Sinne gebe es nicht: »Das Spiel ist der Plot.« Auch, wenn man gar nicht wirklich erfährt, wer gegen wen antritt. Dennoch ist Schimanski überzeugt: »Es ist alles typisch deutsch - auch, wenn das Wort Deutschland nicht einmal fällt.«
»Wir im Finale« sei weniger ein Stück denn ein Materialangebot, mit dem man »unglaublich viel machen« könne. Man könne »Wir im Finale« mit einem einzige Schauspieler, aber auch mit 20 auf die Bühne bringen: Im TAMzwei sind es neun Darsteller. Die Zuschauer beobachten (Fußball-)Zuschauer. Vor dem Fernseher mit dem Bier in der Hand spüren alle, dass sie zu etwas gehören: »Werden WIR es schaffen?«
Es gibt eine Halbzeitpause mit den ach so typischen Interviews - mit den Stimmen zur Lage der Nation. Und nach dem Schlusspfiff, dann, so Dramaturgin Claudia Lowin, »ist man irgendwie aufgeregt, dass es bald wirklich losgeht mit der WM.« Und dann kann endlich wieder jeder mitsprechen. . .
In die Kneipe gehen Oliver Baierl, Ines Buchmann, Andreas Hilscher, Christina Huckle, Stefan Imholz, Claudia Mau, Ulrike Müller, Karla Trippel und John Wesley Zielmann. Nach der Premiere sind Vorstellungen am 10., 13., 14., 20., 24., 25. Mai.

Artikel vom 03.05.2006