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Chirurgische
Pioniertat an
der Rosenhöhe

Künstlichen Darm zurückverlegt

Von Gerhard Hülsegge
Bielefeld (WB). Darmkrebs-Patienten können hoffen: Prof. Dr. Dr. Mathias Löhnert (43) ist es am Klinikum Rosenhöhe jetzt erstmals gelungen, einen künstlich gelegten Darmausgang nach Mastdarmamputation wieder dorthin zu verlegen, wo die Natur ihn vorgesehen hat.

Was bis dato nicht möglich war, erlaubt eine neue Operations-Technik, die so genannte »Reserve-Miles-OP«. Sie wurde bei einer 57-jährigen Krebspatientin, der vor acht Jahren Mastdarm, After und Schließmuskeln entfernt wurden, erfolgreich durchgeführt. Dem Bielefelder Chirurgen und Darmspezialisten gelang damit eine kleine Sensation. Versuche, Patienten den Darm zurückzuverlegen waren bislang immer daran gescheitert, dass die ersatzweise angelegten Schließmuskel die angestrebte Kontinenzleistung nicht ausreichend erbringen konnten.
Löhnert griff auf seine Idee des »A.M.I.-Analbandes« zurück, mit dessen Hilfe er im vergangenen Jahr - ebenfalls in Pionierleistung - erstmalig allen Patienten mit Stuhlinkontinenz neue Hoffnung geben konnte: einem Schließmuskelsystem, das am städtischen Klinikum mittlerweile standardmäßig eingesetzt wird. 15 Patienten hat die erfolgreiche Analbandmethode bereits zu einem besseren Leben verholfen.
Die Städtischen Kliniken Bielefeld mit der Chirurgischen Klinik An der Rosenhöhe in Brackwede haben damit weltweit die meisten Erfahrungen mit der Implantation des Analbandes. Löhnerts Erkenntnisse stießen deshalb auch als Thema beim Deutschen Koloproktologen-Kongress im März 2006 in München auf großes Interesse bei der Ärzteschaft.
Die Rückverlagerung des Darmausgangs bei der 57-jährigen Patientin aus dem Raum Bielefeld, der es gut geht und die sich über ihr neus Leben ohne Mühsal freut, erfolgte in drei Schritten. Zuerst wurde der künstliche Darmausgang aus der Bauchdecke heraus gelöst, dann das Analband (aus mit Titan ummmanteltem Silokon) im Damm eingesetzt und schließlich das vorübergehend implantierte Stoma verschlossen.
Die Kosten für die OP in Höhe von 10000 Euro wurden von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Sie spart dadurch jährlich (!) rund 4200 Euro, die im bundesweiten Durchschnitt für Patienten mit künstlichen Darmausgang ausgegeben werden müssen. »Für die Kasse haben sich die Ausgaben nach zwei Jahren rentiert«, so der behandelnde Mediziner. Zwei weitere Patienten nach Mastdarmamputation stehen bereits auf der Warteliste des Klinikums Rosenhöhe noch für dieses Jahr. Löhnert kann sich vorstellen, das Analband auch schon bei frühen Darmkrebsformen und OPs einzusetzen, um dauerhafte künstliche Ausgänge zu vermeiden.
Und die Städtischen Kliniken dürfen weiter auf Kapazitäten wie ihn zählen. Prof. Dr. Dr, Mathias Löhnert gestern zum WESTFALEN-BLATT: »Solange die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung weiter so positiv verläuft wie in den vergangenen fünf Jahren, gibt es für mich keinen Grund zu wechseln.«

Artikel vom 03.05.2006