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Kompositionen mit Harleys,
Autobus und Bahnschienen

moBiel-Werkstatt wird zur Bühne für das Musiktheater

Bielefeld (bp). Die Partitur ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher aber sind die Instrumente: Sie heißen »Ultra Classic«, »Fat Boy« oder »Road King« - Motorräder der Kultmarke »Harley Davidson«. Kapellmeister Malte Hellwege vom Theater Bielefeld dirigiert neun der Maschinen nach einer Komposition von Dieter Schnebel (Harley Davidson I-IV).

Die Proben laufen (auf dem Parkplätzen der Universität) und Hellwege räumt ein: »Noch erschöpft sich mein Dirigat vor allem in Schreiben, Herumlaufen, Austüfteln.« Es ist auch noch Zeit, bis »Roaammmmmh!« am 13. Mai Premiere hat.
»Roaammmmmh!« ist mehr als das Spiel von Kolben und Ventilen und - gezielten -ÊFehlzündungen. An die Harley Davidson-Komposition schließt sich eine Uraufführung des jungen Schweizer Komponisten Dominik Schaffner (23) an, der im Auftrag des Theater Bielefeld ein Stück für einen fahrenden Autobus geschrieben hat: eine Vermischung von Live-Geräuschen, die bei der etwa 15-minütigen Busfahrt entstehen, und Klängen, die Schaffner bereits zuvor aufgenommen hat und dann zumischt. Musikdramaturgin Anke Hoffmann: »Jede Aufführung wird anders sein.« Während 50 »Roaammmmmh!«-Besucher im Bus fahren, erleben weitere 50 Besucher das Stück »Railroad Turnbridge«, das Jörg-Peter Mittmann nach dem gleichnamigen Kurzfilm von Richard Serra (»Axis« vor der Kunsthalle) komponiert hat. In dem Solo-Schlagzeug-Stück »Anvil Chorus« und dem Ensemble-Stück »Cheating, Lying, Stealing« verschmelzen schließlich klassische Musiktradition mit Maschinen-Rhythmen. Er spielen das »Ensemble Horizonte«, Shawn Grocott (Posaune), Michael Pattmann (Schlagzeug).
Bühne für den »Abend für Motorräder, einen Autobus, Schienen, Musikinstrumente und mehr« ist die Stadtbahnwerkstatt auf dem moBiel-Betriebsgelände Sieker. Die hatte sich bereits bei Schuberts »Winterreise« bewährt.
Anke Hoffmann will mit »Roaammmmmh!« weiter Neues Musiktheater präsentieren, eine, wie sie sagt, andere Art des musikalischen Hörens. Größte Schwierigkeit: Neun Harley-Fahrer samt Maschinen zu finden, die Zeit haben für Proben und Aufführungen. Es hat geklappt - samt »Reserve«. Peter Elbracht ist einer von ihnen. Seine zehn Jahre alte Harley ist 60 000 Kilometer gefahren und er versteht seine Mitwirkung bei »Roaammmmmh!« als »ein Stückchen Lernen: »Da wollte ich einfach mal mitmachen.« Jede der Maschinen klinge anders: »Ein satter Sound, die Mischung macht's.«
Vorstellungen sind am 13., 20., 21., 27., 28. Mai, jeweils um 20 Uhr, am 14. Mai um 11.30 Uhr).

Artikel vom 03.05.2006