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»Stallpflicht sofort aufheben«

Geflügelzüchter aus NRW fordern Rücktritt von Minister Horst Seehofer

Von Ernst-Wilhelm Pape
Rietberg (WB). Geflügelzüchter aus Nordrhein-Westfalen haben den Rücktritt von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) gefordert.

Grund für die Forderung ist die Verlängerung der bundesweiten Stallpflicht für Geflügel zunächst bis zum 12. Mai. Es könne nicht sein, dass in Deutschland durch die Stallpflicht die Freilandhaltung auf unbestimmte Zeit abgeschafft werde, heißt es in einer Resolution an Bundeskanzlerin Angela Merkel, die von einer Züchterinitiative aus Rietberg (Kreis Gütersloh) unterzeichnet worden ist. Die Züchter haben ferner eine Unterschriftenaktion gestartet, um den Druck auf Minister Seehofer zu erhöhen. Ferner findet morgen in Berlin eine Großdemonstration der deutschen Rassegeflügelzüchter statt. Hierzu werden mehr als 1000 Gefügelhalter aus ganz Deutschland erwartet.
EU-Nachbarländer, die sich im Hinblick auf die Vogelgrippe in einer vergleichbaren Gefahrensituation befänden, aber die Pflicht gelockert hätten und gar auslaufen ließen, würden nun Marktanteile abschöpfen, die von deutschen Landwirten über viele Jahre mit viel Engagement und Geld aufgebaut worden seien.
Minister Seehofer habe sich selbst als Lobbyist der Wirtschaftsgeflügelzucht bezeichnet. Dadurch sei er in seinen Entscheidungen als verantwortlicher Minister nicht ausgewogen, sondern parteiisch. Aufgrund seiner einseitigen Politikausrichtung zerstöre Seehofer die Geflügelhaltung in klein- und mittelständischen strukturierten Betrieben sowie in der Rassegeflügelzucht.
Wie berichtet haben sich zwei Geflügelzüchter aus Delbrück (Kreis Paderborn) und Bad Salzungen (Thüringen) das Leben genommen, da sie keinen Ausweg aus ihrer wirtschaftlichen Lage mehr sahen. Ein Züchter aus den Kreis Gütersloh musste in die Psychiatrie eingeliefert werden, da er mit der Situation nicht mehr fertig wurde.
Minister Seehofer habe ferner nach der staatlichen Keulungsaktion in Sachsen im April 2006 die Schutzimpfung des Rassegeflügels verweigert und gesundes Geflügel getötet. Eine EU-Richtlinie vom 20. Dezember 2005 sehe hingegen eine Impfung vor. Minister Seehofer habe hier gezielt gegen EU-Richtlinien verstoßen.
Nach Meinung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes sei die Stallpflicht faktisch ein Berufsverbot für die Geflügelhalter. Arbeitsplätze in den klein- und mittelständischen Unternehmen sowie den Zulieferfirmen würden oder wurden schon aufgrund der erzwungenen, unverhältnismäßigen Maßnahmen durch Seehofer zerstört, sagte der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Gütersloh, Arnold Weßling, dieser Zeitung. Die Ausbreitung des Virus folge nicht den Vogelzugrouten, sondern den Verkehrsadern. Hier unternehme Minister Seehofer nur unzulängliche Schutzmaßnahmen. Die generelle Stallpflicht müsse aufgehoben werden. Die Stallpflicht dürfe es nur in Ausnahmefällen geben. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 03.05.2006