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Goleo singt sich ohne Hose in die Charts

Das WM-Maskottchen trällert mit DJ Bob Sinclair von der »Love Generation«

Von Kathrin Heine
Bielefeld (WB). »Go, Leo, go!«, feuerte ihn sein Vater als Kind beim Fußballspielen an. So kam Goleo, laut FIFA, zu seinem Namen. Seit Goleo VI. im November 2004 als offizielles WM-Maskottchen vorgestellt wurde, hagelt es Spott für den 2,30 Meter großen Löwen. Man wirft ihm vor, er sehe aus wie Samson von der Sesamstraße, grinse immer so überspannt, und dann noch die Diskussion um die fehlende Hose.

Goleo trägt, das wissen sogar WM-Muffel, zwar Trikot und Turnschuhe, aber eben keine Beinkleider. Während Goleo in Deutschland bisher Fragen zu seinem freizügigen Kleidungsstil auswich, stellt er sich auf der englischsprachigen Internetseite der FIFA-WM dem Thema. Dort heißt es, Goleo habe nichts gegen Hosen, aber er verstehe den Wirbel nicht, der darum gemacht werde, ob er welche trage oder nicht.
Endlich klare Worte eines hosenlosen Löwen, dem gelungen ist, was sonst nur die ganz großen Stars schaffen: Thomas Gottschalk hat Goleo bereits zwei Mal zu »Wetten dass..?« eingeladen. Für einen jungen Löwen, der gerade ins Musikgeschäft einsteigt, ist das eine gute Plattform. Zusammen mit dem französischen DJ Bob Sinclair hat das Zotteltier, dessen größtes Hobby natürlich Fußball ist, seine erste Single »Love Generation« aufgenommen, die seit Wochen auf den oberen Plätzen der Hitparade steht.
Von Goleos Kumpel Pille, dem sprechenden Fußball, hört man währenddessen wenig. Zwar nennt die FIFA ihn eine »freche Plaudertasche, die ihr Herz auf der Zunge trägt«, doch bleibt es still um Goleos besten Freund. Die beiden sind die elften in einer bunten Reihe von WM-Glücksbringern, an deren Anfang ebenfalls ein Löwe steht. Willie heißt er, und mit ihm und dem Wembley-Tor wurden die englischen Gastgeber 1966 Weltmeister. Seitdem teilen sich kleine Jungs, Tiere, Obst- und Gemüsesorten die Ehre, Glücksbringer der Fußball-Weltmeisterschaften zu sein. So gab es 1970 den Mexikaner Juanito, 1974 die deutschen Lausbuben Tip und Tap, 1978 den Argentinier Gauchito, 1982 eine spanische Orange namens Naranjito, 1986 eine mexikanische Chili-Schote namens Pique, 1994 den amerikanischen Hund Striker und 1998 den französischen Gockel Footix. Das italienische Würfelwesen Ciao, das 1990 die Rolle übernahm, passt nicht in das oben genannte Qualifikationsraster. Trotzdem fand es Freunde, was man von den drei Wesen, die die vergangene WM in Japan und Korea begleiteten, nicht behaupten kann. Nur wenige Fußball- oder Maskottchenfans erinnern sich überhaupt an die Namen der drei »Spheriks«: Ato, Kaz und Nik.
Die FIFA äußert sich nicht dazu, ob die ehemaligen Maskottchen Goleo Tipps zum Leben im Rampenlicht und dessen Schattenseiten geben. Häme und Spott kennen nämlich auch die Vorgänger, denn die meisten Fußballfans reagieren auf die plüschig-bunten Figuren genervt. Fußball ist schließlich nicht niedlich, sondern eine erste Sache.
Der Einwurf, Goleo sehe Samson aus der Sesamstraße ähnlich, ist begründet. Tatsächlich stammen beide Figuren von Mitarbeitern der Jim Henson Company in Los Angeles. 250 000 Euro soll die FIFA für das Maskottchen bezahlt haben. Ob sich Jürgen Klinsmann und Goleo bereits aus Kalifornien kannten oder in Deutschland kennen lernten, ist nicht bekannt.
Auch bleibt abzuwarten, welcher der beiden während der Weltmeisterschaft in Deutschland mehr Sympathien gewinnen wird. Dass Goleo allerdings besser singt als der Bundestrainer, wissen schon jetzt alle, die sich an die WM 1990 und »Wir sind schon auf dem Brenner« von Udo Jürgens und der Fußballnationalmannschaft erinnern. Klinsmann zählte damals zum deutschen Männerchor. An die Spitze der Charts schaffte er es aber nicht. Das hat Goleo ihm voraus.

Artikel vom 09.05.2006