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Die Siegerin
überrascht sich
sogar selbst

Heckmann knapp vor Steinbeck

Bielefeld (WB/tip). Damit hatte sie selber nicht gerechnet. Kirsten Heckmann, wissenschaftliche Angestellte im Fachbereich Mathematikdidaktik an der Universität Bielefeld, lief am Sonntag allen davon. Nach exakt 2:13:52 Stunden nahm ihr Ehemann Sascha die Siegerin im Ziel des 35. Hermannslaufes in die Arme.
Am Ziel ihrer Träume: Siegerin Kirsten Heckmann mit Ehemann Sascha. Foto: Bernhard Pierel

Die 28-Jährige von der SV Brackwede wurde damit bei ihrem vierten Start Nachfolgerin der verletzten Anke Kemmener, die 2005 gut acht Minuten weniger benötigt hatte. Heckmann siegte knapp vor der favorisiert gestarteten Gisela Steinbeck.
Die 37-jährige Zweitplatzierte von der DJK Gütersloh, kürzlich erst Elfte bei den deutschen Halbmarathon-Meisterschaften, hatte lediglich 20 Sekunden Rückstand, aber zuletzt nicht mehr den Biss, es auf eine Entscheidung auf der Promenade anzulegen. »Ehrlich: Wenn ich gewusst hätte, dass Kirsten da vorn läuft, hätte ich es noch mal versucht«, sagte Gisela Steinbeck im Ziel.
Denn sie hatte es ja gemerkt: Im Flachen bot sie der Überraschungsgewinnerin nicht nur Paroli, sondern war vielleicht sogar ein wenig stärker. An den Steigungen - und davon bietet der Hermann einige - war jedoch niemand besser als Kirsten Heckmann.
Mit ihr hat der erfolgreichste Trainer der Hermannslaufgeschichte, Udo Brandt-Hüdepohl (SV Brackwede) nach der dreifachen Championissima Heike Mohn die nächste Titelträgerin hervorgebracht -Êvon den vielen Teamtiteln, denen er gestern zwei weitere hinzufügte, ganz abgesehen.
Für Mohn, die Siegerin von 1999, 2000 und 2003 undÊSonntag mit Nachwuchs als Zuschauerin im Zielbereich, war es eine große Überraschung. Doch so sensationell war der Triumph der Brackwederin gar nicht: Bei ihren bislang drei Starts am Hermannsdenkmal -Êzwei Mal unter ihrem Mädchennamen Thiemann - hatte sie es zwar noch nie unter die ersten Zehn der Frauenwertung geschafft. Aber im vergangenen Herbst war Heckmann beim Münster-Marathon Viertplatzierte und damit beste Deutsche.
Diesmal aber machte sie endgültig ihr Meisterstück - und das obwohl auf den letzten Kilometern kaum noch etwas richtig »lief«. »Ich hatte ab Kilometer 20 solche Krämpfe und habe darauf gewartet, dass Gisela mich überholt«, erzählte Kirsten Heckmann, wie sie um ihren so greifbar nahen Erfolg bis zuletzt bangte. Doch Gisela überholte nicht, obwohl die Krämpfe blieben. Bis der Applaus der Zuschauer und die ersten Gedanken daran, künftig als Siegerin des bekanntesten Laufes der Region ihre Runden zu drehen, die Schmerzen wieder vertrieben.
Begeistert war natürlich Ehemann Sascha, auch er ein Top-Hermannsläufer, mit dem sie 2005 die Strecke gemeinsam angegangen war. »Das Tempo ist aber zu unterschiedlich. Deshalb ist dieses Mal jeder für sich gelaufen. Sonst hätte ich Kirsten zu sehr unter Druck gesetzt«, freute er sich, dass die Taktik zum Erfolg führte.
Während die Siegerin ihr Glück kaum fassen konnte (»Mir fehlen die Worte«), übte sich Gisela Steinbeck in Diplomatie. »Ich bin zufrieden und enttäuscht zugleich«, sagte sie mit gemischten Gefühlen: Schließlich sei sie gut durchgekommen, andererseits habe zum Sieg nicht sehr viel gefehlt.
Etwas weiter zurück lag Antje Pohlmann (LC Solbad). Die Zweite von 2004 hatte sich kurzfristig zum Start entschlossen - in erster Linie, um ihrem Nachwuchs einen Gefallen zu tun. »Ich bin nicht auf Zeit, sondern streng nach Gefühl gelaufen«, sagte sie. Platz 6 kann sich deshalb sehr gut sehen lassen.

Artikel vom 01.05.2006