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Konzepte in Düsseldorf »Blaupause für Berlin«

FDP-Landesparteitag streichelt Führung mit Wiederwahl

Von Reinhard Brockmann
Wuppertal (WB). Nicht auf die SPD zugehen, aber mehr Distanz zur CDU und wenn ein Bündnis, dann mit den Bürgern. Mit diesem Signal antwortete die FDP beim Landesparteitag in Wuppertal auf den »Flirt von Kurt Beck in unsere Richtung«, so Guido Westerwelle.

Auch Landeschef Andreas Pinkwart bezeichnete »Becks Augenaufschlag in unsere Richtung« als »ganz nett, aber unpassend zum tiefen Griff in die Taschen der Bürger«. Und NRW-Fraktionschef Gerhard Papke deutete die erste kleine schwarz-gelbe Koalitionskrise zum Ausweis liberaler Sozialstaatlichkeit um. »Schluss mit dem Missverständnis, dass sich konsequente Marktwirtschaft und Soziales ausschlössen«, sagte Papke und erwähnte die Nachbesserungen für Kindergärten (40 Millionen Euro) und Jugendarbeit an sozialen Brennpunkten (4,5 Millionen) in der Schlussphase der jüngsten Haushaltsberatung - sehr zum Ärger des Partners CDU.
Dem guten Wiederwahlergebnis von Landeschef Pinkwart mit 91,5 Prozent hatte Westerwelle als Gast in der Wuppertaler Stadthalle den Boden bereitet. Ohne die Finanzaffäre Möllemann zu erwähnen, lobte der Bundesvorsitzende Pinkwarts Aufbauleistung seit 2002: »Die meisten wissen, wie wenig um uns damals gegeben wurde«. Jetzt habe der »ehrenamtlich tätige stellvertretende Bundesvorsitzende« das kluge Wort von der »Blaupause für Berlin« in die Debatte eingeführt, flocht Westerwelle weiter Lorbeerkränze auf seinen Vize. In Düsseldorf handfeste Reformpolitik machen und in Berlin die Konzepte fürs Ganze vorlegen: Mit dieser Arbeitsteilung wollen die Liberalen ihre Alleinstellung noch stärker herausarbeiten.
»Willkommen im neuen NRW« hatte Pinkwart am Morgen seine Grundsatzrede eröffnet und neun bereits umgesetzte Wahlversprechen aufgelistet: Von jährlich 1000 neuen Lehrern, über Bürokratieabbau bis hin zu längeren Öffnungszeiten von Läden und Biergärten bereits zur Fußball-WM. Mit Blick auf die liberale Handschrift in der Innenpolitik von Minister Ingo Wolf in der Tradition von Willy Weyer und Burkhard Hirsch sagte Pinkwart voraus, die WM werde in NRW ein genauso friedliches Fest wie der Weltjugendtag 2005. Und: »Liberale wissen dabei nur zu gut, Freunde empfängt man nicht mit Panzern.«
Bei soviel Einigkeit brachten die Wiederwahlen durchweg höhere Zustimmungen als vor zwei Jahren. Pinkwarts Stellvertreterinnen Angela Freimuth und Gisela Piltz (je 81,9 Prozent) gingen ebenso glatt durch wie Beisitzerin Gudrun Kopp (87,1/Lippe) und Schatzmeister Paul K. Friedhof (91,7). Dabei musste der Kassenwart mitteilen, dass demnächst noch höhere Strafzahlungen, nämlich knapp zwei Millionen Euro, aus der Möllemann-Affäre zu erwarten seien. Dafür gab es 2005 mit 656 000 Euro wieder das höchste Spendenaufkommen seit zehn Jahren.
OWL ist jetzt nur noch mit zwei Vertretern im erweiterten Landesvorstand dabei: Frank Schäffler (36 Prozent/Herford) und Kai Abruszat (34/ Porta Westfalica). Die auf Landesebene prominentere Ingrid Pieper von Heiden (Oerlinghausen) hatte ein Bezirksparteitag zwei Tage vorher schon durchfallen lassen.
Mit »Allein gegen alle« umschrieb Westerwelle die strategische Lage seiner Partei im Bundestag und sprach von einer ausgesprochen ehrenvollen Position. Er beklagte einen atemberaubenden Agenda-Wechsel bei der Union. »Und die SPD regiert, weil sie ihr Wort in Sachen Mehrwertsteuer gebrochen hat.« Letztlich sei aber die Kanzlerin für die gesamte Steuererhöhungspolitik der Großen Koalition verantwortlich, sagte Westerwelle: »Da kann Angela noch so freundlich gucken.«

Artikel vom 01.05.2006