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Wenn Frauen Kleinholz machen

In Paderborn gibt's einen Motorsägen-Führerschein nicht nur für Männer

Von Marion Neesen (Text und Fotos)
Paderborn (WB). 15 Frauen ließen im Wald die Späne fliegen. Sie machten erfolgreich einen Motorsägen-Führerschein. Ansporn für das Forstamt Paderborn, im nächsten Jahr wieder einen reinen Frauenkursus anzubieten.

Den Druckpunkt finden und kräftig ziehen. So hatte es Forstwirtschaftsmeister Wilfried Kröger (39) zum Beginn des Lehrgangs erklärt. Was bei ihm wie ein Kinderspiel aussah, war für 15 Frauen auf dem Weg zum Motorsägen-Führerschein eines der größten Hindernisse. Statt loszurattern, gab der Zwei-Takter beim ersten Ruck nur ein klägliches Blubbern von sich. Also nochmal: äußerste Konzentration und kräftig reißen.
Hatte doch Reinhard Lange (50) tags zuvor im theoretischen Teil ordentlich Respekt vor der Säge eingeflößt. Spätestens als der Waldfachmann eine völlig zerfetzte Schnittschutzhose in die Runde gehalten hatte, machten sich für einen Moment Zweifel breit. Doch ein Blick in die Gesichter verriet Entschlossenheit. Gerade weil die Arbeit im Wald so gefährlich ist, will frau wissen, wie ordentlich Kleinholz gemacht wird.
Wiltrud Bergmann (49) genießt seit zehn Jahren die Wärme eines Ofens. »Bisher habe ich mir das Holz immer fertig geschnitten geholt. Aber das wird ja auch immer teurer«, sagte die Gemeindereferentin aus Erwitte. Doch vor das Sägen hatte der Fachmann das Schärfen gesetzt. Zahn für Zahn musste millimetergenau mit der Rundfeile geschärft werden. »Die meisten Unfälle passieren mit stumpfen Sägen«, sagte Kröger und weihte die Frauen in technische Details ein.
Dann konnte es in den Wald gehen. Am nächsten Tag waren bei drei Grad und Hagelschauern die Zweifel wieder da und standen in Schutzkleidung mit Sieben-Meilen-Stiefeln vor Baum und Säge.
In Krögers Gruppe hatten vier von sieben am frühen Morgen die Hürde Starten der Motorsäge genommen. Doch der Meister war nicht zufrieden. »Nur 60 Prozent, eine schlechte Quote.« Das müsste besser werden.
Mit dumpfer Wucht klatschte wenig später eine 20 Meter hohe Buche in die exakt vorbestimmte Schneise. Für die Kursteilnehmerinnen noch eine unlösbare Aufgabe, aber ihre Ausbilder hatten damit schon einmal Übungsmaterial parat gelegt.
Elisabeth Jäger (46) aus Thüle hatte jahrelang Frondienste geleistet. Wenn die Männer im Wald Holz gemacht hatten, durfte sie schleppen. Jetzt setzte sie beherzt die Säge an und ließ die Späne fliegen. Erst noch zögernd, doch dann immer geschickter schnitt sie Scheibe für Scheibe vom Stamm ab. Mit unerwarteter Kraft zogen sich auch bei Monika Heinemann die Ketten-Zähne durchs Holz. »Die Energiekosten sind einfach zu hoch geworden«, sagte die 42-Jährige um künftig mit Brennholz das Portmonee schonen zu wollen. Als die Säge dann schwieg, regierte die Axt im Walde. Mit Schwung spaltete die Bad Wünnenbergerin die Blöcke in ofengerechte Stücke.
Im letzten Teil des Lehrganges durften die Frauen dann auch einen Baum fällen. Eine kleine Fichte sollte es für den Anfang sein. Erst vorsichtig das störende Geäst absägen und dabei nicht auf die Sägenspitze schauen. Denn sollte die Säge hoch schlagen, landet sie genau im Gesicht. Die Fichte sollte so abgesägt werden, dass sie später Rücken schonend entastet werden kann. Also setzte Christel Stracke (50) vorsichtig einen Meter über dem Boden den Schnitt an und ließ eine Bruchleiste stehen. Noch ein bisschen Muskelkraft und der Baum lag in der Schneise. »Gute Arbeit«, lobte Wilfried Kröger.

Artikel vom 01.05.2006