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US-Autofahrer stöhnen und löhnen

Bei Benzinpreisen von 63 Euro-Cent setzt das Umdenken erst langsam ein

Von Christiane Oelrich
Washington (dpa). Die US-Verbraucher sind empört. »Nach dem Tanken bleibt kein Cent mehr zum Ausgehen über«, schimpft Benson Wiener aus der Nähe von Washington. Die Schmerzgrenze in den USA liegt für europäische Gemüter ziemlich tief: 63 Euro-Cent kostet der Liter in den USA.

Vor fünf Jahren war das Benzin nur halb so teuer. Das große Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel hat trotzdem nicht eingesetzt, auch mangels Masse: die Hauptstadt Washington etwa hat ein paar wenige U-Bahnlinien, die Vororte werden von Bussen nur sporadisch angefahren. Außerhalb der Städte ist jeder ohne Auto vollends aufgeschmissen.
Knapp fünf Billionen Kilometer wurden 2004 nach Angaben der Highway-Informationsbehörde gefahren. Pendler sitzen im Schnitt 100 Stunden pro Jahr im Auto, berichtet das Volkszählungsbüro, mehr als die zwei Wochen Urlaub, die Amerikaner im Jahr nehmen.
Fahrgemeinschaften werden zwar überall gefördert. Auf Autobahnen in Stadtnähe gibt es so genannte »HOV«-Spuren. Das steht für »High Occupancy Vehicle«. Dort dürfen in den Stoßzeiten nur Wagen mit mindestens zwei Insassen fahren. Ein Augenschein in Seattle an der Westküste zeigt: Wer Mitfahrer findet, hat freie Bahn und rauscht in flottem Tempo an drei voll gestopften Spuren im »Stop-and-Go-Verkehr« vorbei. Es gibt kaum Autos mit mehr als einem Insassen.
So richten die Amerikaner sich notgedrungen darauf ein, an anderen Ecken und Enden zu sparen. Bart Spencer aus Bloomington im Bundesstaat Illinois arbeitet für eine Personalmanagementfirma. Er legte bei Kundenbesuchen oft 900 Kilometer am Tag zurück. Nun hat er in Computersoftware investiert und trifft viele Klienten öfter virtuell.
Ein paar Autofahrer haben noch andere Ideen. Die Ölfirmen, die immer neue Milliardenprofite verkünden, sollten doch bitteschön einfach die Preise senken, meinen viele Verbraucher. »Streicht die Benzinsteuer!«, verlangt USA-Today-Leser Michael Dukes. Die liegt je nach Bundesstaat bei umgerechnet zehn Euro-Cent pro Liter - für Deutsche lächerlich: Sie drücken pro Liter Unverbleites fast 66 Cent an den Fiskus ab.
US-Autos sind zudem nicht gerade sparsam. Besonders populär sind die Benzin schluckenden Großraumlimousinen, die so genannten SUVs. Zwischen 1997 und 2002 stieg die Zahl der SUV-Neuanmeldungen um 56 Prozent auf 24,2 Millionen. Diese Fahrzeuge verbrauchen mindestens 18 Liter im Stadtverkehr.

Artikel vom 29.04.2006