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Trotz Martyrium
kein Mordversuch

Sechseinhalb Jahre für Bielefelder

Bielefeld (uko). Ein »Martyrium« hat eine Drogenprostituierte durchlitten, die fast das Opfer eines versuchten Mordes wurde. Ihren Peiniger Heinrich H. (52) schickte das Schwurgericht am Freitag für sechseinhalb Jahre wegen der besonders schweren sexuellen Nötigung, vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung hinter Gitter.

Zweieinhalb Jahre Haft erhielt der Herforder Peter J. (26), der sich nach Ansicht der Richter der Beihilfe schuldig gemacht hat.
Die Frau war von den ihr bekannten Männern am 24. September 2005 am Bielefelder Hauptbahnhof zur Mitfahrt ins Auto eingeladen worden. Heinrich H., der nach einem Streit mit seiner Ehefrau stark alkoholisiert war, hatte Sex von der Drogenprostituierten Helga F. (Name des Opfers geändert) verlangt. Die 31-Jährige hatte das unter Hinweis auf seine Verfassung abgelehnt. H. hatte daraufhin während der folgenden Irrfahrt durch Bielefeld bis hin nach Milse seine Forderungen mit Gewalt und Brutalität durchsetzen wollen.
Dabei war zeitweise auch ein Messer im Spiel, das der Deutschrusse indes nicht direkt gegen die Frau einsetzte. Schließlich war der Chauffeur Peter J. mit dem Hinweis »Mach` mit ihr, was du willst« mit seinem Auto weggefahren. Heinrich H. hatte die Frau in einen Graben gestürzt und sie kurzzeitig gewürgt, hatte dann jedoch von seinem Opfer abgelassen.
Staatsanwalt Christoph Mackel bewertete die Tat schließlich (wie auch das Gericht) als besonders schwere sexuelle Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie als gefährliche Körperverletzung. Vom Vorwurf des versuchten Mordes rückte Mackel ab. Heinrich H. müsse der Rücktritt vom Versuch zugebilligt werden. Während des Würgens hatte ein Radler die Szenerie passiert. Nicht auszuschließen sei, daß H. das bemerkt habe und deshalb das Würgen aufgeben habe.
Peter J. habe sich der Beihilfe zur sexuellen Nötigung und zur Körperverletzung schuldig gemacht. Der Herforder Anwalt des Mannes stieß mit seinen unglaublich abwegigen Äußerungen (»neutrale Alltagsleistung meines Mandanten«, »Halb zog man sie, halb sank sie hin«) auf das absolute Unverständnis der Richter. Beide Männer hätten »skrupellos« gehandelt» resümierte Kammervorsitzende Jutta Albert, Peter J. habe »tatkräftig mitgeholfen«.
Mit dem Urteil gegen J. entsprach die Kammer exakt der Forderung des Staatsanwalts. Im Fall des Heinrich H. blieb das Schwurgericht wenige Monate unter dem Antrag Mackels, ordnete aber auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Beide Verteidiger hatten wesentliche mildere Strafanträge (vier Jahre, Bewährungsstrafe) für angemessen erachtet.

Artikel vom 29.04.2006