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Spitzentheater
auf der Straße

Festival und Kongress in Detmold

Von Dietmar Kemper
Detmold (WB). Die lippische Residenzstadt Detmold wird zur Hochburg des Straßentheaters. Vom 2. bis 5. Juni zeigen die besten elf Ensembles aus Europa allesamt Deutschland- oder Weltpremieren. Außerdem wird der Bundesverband Straßentheater nach der Gründung im Mai seinen Sitz in Detmold haben.

Zum ersten Internationalen Straßentheaterfestival vor zwei Jahren strömten 55 000 Besucher nach Lippe. Bei der Neuauflage an Pfingsten rechnen Organisator Thomas Trappmann und seine Kollegen mit noch mehr Publikum: »Kein anderes Festival in Deutschland ist so hochkarätig besetzt, und erstmals ist am 1. und 2. Juni ein Kongress zur Bedeutung des Genres eingebettet.«
63 Ensembles bewarben sich beim KulturTeam der Stadt Detmold und dem Kulturbüro Bonn, das über gute internationale Verbindungen verfügt. Die Jury entschied sich unter anderem für die »Lunatics« aus den Niederlanden, in deren Stücken der Mond eine Rolle spielt, und für »Pipotal« aus Frankreich, die ihre beweglichen Maschinen in zwei Lastkraftwagen stopfen und mit 22 Schauspielern und Musikern anreisen. Als weitere Höhepunkte versprechen die Veranstalter die Auftritte der niederländischen Gruppe »Gajes«, die »Alice im Wunderland« zeigt, und des ältesten Straßentheaters Polens »Teatr Osmego Dnia«.
Nicht weit fahren muss das Theaterlabor Bielefeld. Die sechs Schauspieler führen zum erstenmal »Airport« auf. Ein Flughafen ist dermaßen kaputt gespart worden, dass mangels Mitarbeitern die Passagiere nicht nur ihre Koffer eigenhändig im Bauch der Maschinen verstauen müssen. »Mit Straßentheater erreichen wir Leute, die sich nicht trauen oder kein Geld haben, ins normale Theater zu gehen«, sagte Regisseurin Karin Wedeking am Freitag dieser Zeitung. Straßentheater ist Kunst unter erschwerten Bedingungen: Hunde bellen, in direkter Nähe hupen Busfahrer, Bierfässer werden zu Getränkeständen gerollt.
Wegen der Geräuschkulisse seien Stücke mit leisen, subtilen Momenten für Straßentheater weniger geeignet, erklärte Wedeking. »Airport« führt das Theaterlabor Bielefeld auf dem Schulhof des Leopoldinums auf. Das Ensemble gehöre zu den zehn größeren, auch international bekannten deutschen Straßentheatern, lobte Nicole Ruppert vom Kulturbüro Bonn. Um das Genre zu fördern, wird sich im Mai der Bundesverband der Theater im öffentlichen Raum gründen. Ruppert: »Er stellt sich in Detmold vor und wird dort, so wie es aussieht, seinen Sitz haben.« Für das Publikum ist der Besuch des Festivals, das Plätze, Höfe, Parks, Straßen und Fußgängerzonen füllt, kostenlos.

Artikel vom 29.04.2006