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Linkspartei bangt um Fraktionsgeld

Mühsame Fusion mit der WASG

Von Reinhard Brockmann
Halle/Ludwigshafen (WB). Extrem linke Trotzkisten der Berliner Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) haben es in der Hand, ob die Linkspartei im Bundestag Fraktionsstatus und Fördergeld behält.

Auch die Chancen zur Fortführung der rot-roten Koalition im Berliner Abgeordnetenhaus nach den Wahlen im September sinken. Im Bemühen um eine gesamtdeutsche Partei aus SED-Nachfolgern, marxistischen Splittergruppen und gewerkschaftsnahen Linken beschlossen am Wochenende die WASG in Ludwigshafen und die PDS in Halle an Plänen zur Vereinigung bis Mitte 2007 festzuhalten.
Die WASG-Landesverbände Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wollen dennoch gegen den Willen der Bundesdelegierten bei Landtagswahlen im Herbst in Konkurrenz zur Linkspartei antreten. WASG-Mitbegründerin Inge Höger aus Herford gelang es nicht, Druck von den Abweichlern zu nehmen. Auch der von ihr geforderte »durchgreifende Führungswechsel bei der WASG« sei nicht erreicht worden, sagte sie am Sonntag dieser Zeitung. Dennoch komme für sie ein Rückzug aus der WASG nicht infrage. Drei andere Vorstandsmitglieder, Sabine Lösing, Joachim Bischoff und Björn Radke, haben noch Sonntag unter Verweis auf »Druck von führenden Leuten im Fusionsprozess« ihre Ämter aus Protest abgegeben.
Inge Höger warf WASG-Chef Klaus Ernst, Geschäftsführer Ulrich Maurer und Oskar Lafontaine vor, die Partei »mehr gespalten als zusammengehalten« zu haben. Insbesondere der frühere SPD-Vorsitzende habe sich »zu wenig in die Partei eingebracht. Er kennt die WASG einfach zu wenig«.
Bei der PDS in Halle wurde unterdessen deutlicher als in Ludwigshafen gesagt, dass nunmehr mit einer Fortsetzung des Streits vor Gericht zu rechnen sei. Auch solle es keine finanzielle und organisatorische Unterstützung für die widerspenstigen WASG-Landesverbände mehr geben. »Wir werden bis zur Klage gehen müssen«, sagte der Fusionsbeauftragte der Linkspartei, Bodo Ramelow.
Bei einem Wahlantritt der WASG gegen die Linkspartei befürchtet er eine Anfechtung der Bundestagswahl 2005. Die damals von den beiden Parteien gebildeten gemeinsamen Listen waren nur für den Fall zulässig, dass WASG und Linkspartei nicht konkurrierend antreten. Inge Höger hielt dagegen, die Rechtsauffassungen seien selbst bei der Bundestagsverwaltung zweideutig.
Der Berliner WASG-Verband wurde in Ludwigshafen aufgefordert, am 17. September nicht wie geplant gegen die Linkspartei anzutreten. Diese ist in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern an SPD-Regierungen beteiligt. Beide WASG-Landesverbände werfen der Linkspartei unsoziale und zu kapitalfreundliche Politik vor. Ulrich Maurer sagte, die im Berliner Landesverband tonangebenden Trotzkisten wollten aus der WASG eine Partei ihres Typs machen.

Artikel vom 01.05.2006