06.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 


Du liebe Zeit. Wie kommt jemand auf die Idee, Zeit zu ver(sch)wenden und ein Buch über den Umgang mit Zeit zu schreiben? Ganz einfach sagt Heuwinkel (54): »Das Thema betrifft jeden. Über Zeit zu verfügen macht einen Großteil des individuellen Wohlbefindens aus.« Dabei war Zeit zunächst mitnichten sein Lieblingsthema. Studenten des Westfalen-Kollegs brachten den in der Erwachsenenbildung tätigen Lehrer für Soziologie, Volkswirtschaft und Philosophie dazu, dem Thema im Rahmen eines Unterrichtsprojektes erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken.
»Überrascht hat mich dabei zunächst das starke Interesse der Studierenden an diesem Thema. Offenbar werden Zeitdruck und Zeitstress -Êwie ja auch viele Untersuchungen zeigen -Êbereits von jungen Menschen als zunehmendes Problem erfahren«, erzählt Ludwig Heuwinkel, der, unterstützt durch die positiven Erfahrungen im Unterricht, anfing, die vielfältigen gesellschaftswissenschaftlichen Aspekte der Zeit genauer unter die Lupe zu nehmen und der schließlich zu der Erkenntnis gelangte, »dass ein bewusster individueller und gesellschaftlicher Umgang mit der Zeit in der heutigen Beschleunigungsgesellschaft zu mehr Zeitsouveränität und Zeitwohlstand führt«.
Bis dahin war es ein langer Weg. Jahrelanges Quellenstudium, Sichten, Sammeln und Sortieren von Materialien (»vier Meter Zeitliteratur«) gingen dem Buch voraus, das nunmehr übersichtlich strukturiert und in allgemein verständlicher Sprache die psychologischen, philosophischen und ökologischen Aspekte der Zeit gegenüberstellt.
Die weiteren Kapitel, die neben einem Materialienteil jeweils auch kommentierte Literaturhinweise und Internetadressen sowie Arbeitsvorschläge umfassen, beziehen sich auf Themen wie historische und kulturelle Zeitvorstellungen, Beschleunigungsprozesse in der Wirtschaft, Zeittheorien, flexible Arbeitszeiten, Zeitmanagement und Vorschläge zum Umgang mit der Zeit.
Die ansprechende grafische Gestaltung, Bebilderung sowie erläuternde Abbildungen erleichtern den Zugang und erhöhen die Attraktivität. Unabhängig davon aber spricht Heuwinkels Zeit-Buch gleichermaßen den Fachleser wie den interessierten Laien an und bietet informatives, interessantes Hintergrundwissen wie praktische Ratschläge und Erkenntnisse wie diese: »Großer materieller Reichtum lässt Glücksgefühle nur kurz ansteigen. Forscher haben hingegen herausgefunden, dass das Glücksempfinden auf einer mittleren Wohlstandsebene am Größten ist.«
Soll heißen, ohne Moos nichts los? »Generell muss man von Fall zu Fall abwägen«, lautet Heuwinkels Rat, der es im Übrigen mit Seneca hält, der schon 400 Jahre vor Christi Geburt meinte: »Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.« Also: »Carpe diem« und »alles wird gut.«

Artikel vom 06.05.2006