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Der treue Charly war immer dabei

Frankfurter Rückblicke: Borchers stürmte zum Sieg - und dann für Arminia

Von Klaus Lükewille
Berlin (WB). Die Bayern im Pokal-Finale - das ist total normal. Zuletzt holten sie fast im Zwei-Jahres-Takt den Pott: 1998, 2000, 2003 und 2005. Für 2006 hat der Favorit die Titelverteidigung fest eingeplant. Eintracht Frankfurts Endspiel-Besuch in Berlin liegt ein bisschen weiter zurück. 18 lange Serien.

Damals, am 28. Mai 1988, feierten die Hessen mit dem 1:0 gegen den VfL Bochum ihren vierten und letzten finalen Triumph im Olympia-Stadion. Der vorläufige Abschluss einer erstaunlichen Pokal-Geschichte. Denn Frankfurt kickte und kämpfte sich fünf Mal ins Endspiel - und verlor nur eine Entscheidungs-Partie. 1964 mit 0:2 gegen den TSV 1860 München.
Am 11. August 1974 durften sie die Trophäe erstmals in Empfang nehmen. Mit 3:1 setzte sich die Eintracht in Düsseldorf gegen den Hamburger SV in der Verlängerung durch. Wegen der WM fand das Finale damals erst zu Beginn der neuen Saison statt. Frankfurt trat mit zwei gefeierten Gewinnern an: Aber Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein, sie waren nach einem kurzen Urlaub noch längst nicht wieder in Form. »Hölzenbein verschwand für eine halbe Stunde von der Spielfläche«, kritisierte damals die »Frankfurter Rundschau«. In der Verlängerung meldete sich der Weltmeister eindrucksvoll zurück - mit einem Tor.
Ein Jahr später stürmte Frankfurt schon wieder ins Pokal-Endspiel. In Hannover hieß der Rivale MSV Duisburg. Ein Tor sollte an diesem 21. Juni 1975 reichen: Karl-Heinz Körbel landete den Volltreffer. Ausgerechnet der junge Vorstopper, dem Trainer Dietrich Weise noch befohlen hatte: »Du bleibst immer hinten. Du gehst nicht über die Mitte.«
Der Ungehorsame und sein Tor des Tages. Körbel ist übrigens der einzige Eintracht-Kicker, der bei allen vier Pokal-Triumphen zwischen 1974 und 1988 auf dem Rasen stand. Darum trägt er ja auch seinen Spitznamen wie eine Auszeichnung: Am Main heißt er heute noch der »treue Charly«. Roland Weidle, 1974 und 1975 mit in der Siegerelf, gab 1978/79 ein Kurzgastspiel bei Arminia.
Körbel schnürte selbstverständlich auch die Schuhe, als es am 2. Mai 1981 in Stuttgart wieder einmal um den »Pott« ging. Jürgen Grabowski hatte 1980 die große Ball-Bühne schon verlassen, Bernd Hölzenbein machte sein letztes Spiel für die Eintracht. Der Mann des Tages beim 3:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern hieß aber Ronald Borchers. Ein launisches Talent, das an diesem Tag mal wieder Lust auf Fußball hatte. Später wechselte Borchers nach Bielefeld. Arminias Abstieg konnte er 1985 aber auch nicht verhindern.
Borchers war also schon lange weg, aber Körbel natürlich immer noch da, als die Eintracht ihren vorerst letzten finalen Pokal-Auftritt in Berlin hatte. 28. Mai 1988: 1:0 gegen den VfL Bochum. Der Ungar Lajos Detari schlug die Westfalen aus 22 Metern. Ein Tor, das die Hessen ewig bestaunen werden. Denn das war kein Freistoß, das war ein Kunstschuss.

Artikel vom 29.04.2006