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Barcelona feiert seine Helden

Der AC Mailand hadert nach dem Aus mit Schiedsrichter Markus Merk

Barcelona (dpa). Ronaldinho contra Jens Lehmann: Der beste Fußballer der Welt wird mit dem FC Barcelona im Finale der Champions League das Abwehrbollwerk des deutschen Nationaltorwarts beim FC Arsenal auf die Probe stellen.Ronaldinho - der lächelnde Finalist. Foto: Reuters
Der spanische Meister zog mit einem hart erkämpften 0:0 im Halbfinal-Rückspiel gegen den AC Mailand (Hinspiel 1:0) ins Endspiel ein. Dort treffen Ronaldinho & Co auf Arsenal, das sich am Vortag ebenfalls mit einem torlosen Remis gegen den FC Villarreal durchgesetzt hatte. Die Katalanen feierten ihre erste Endspielteilnahme seit 1994 so überschwänglich, als hätten sie das Finale am 17. Mai in Paris bereits gewonnen.
Während Tausende bis tief in die Nacht im Zentrum von Barcelona den Erfolg ihrer Elf im »vorgezogenen Endspiel« bejubelten, haderte der AC Mailand mit Schiedsrichter Markus Merk. »Der Deutsche hat uns um den verdienten Einzug ins Finale gebracht«, tobte Milan-Trainer Carlo Ancelotti. Der Ärger entzündete sich an einem Tor von Andrej Schewtschenko in der 69. Minute, das Merk wegen eines angeblichen Fouls des Ukrainers nicht gelten ließ. Für die Italiener war der Kaiserslauterer der Sündenbock. Dabei sahen sie geflissentlich darüber hinweg, dass Merk dem Milan-Kapitän Alessandro Costacurta bei einer Notbremse gegen Barça-Torjäger Samuel Eto'o die Rote Karte ersparte und es bei »Gelb« bewenden ließ. Ancelotti erklärte sein Team zum moralischen Sieger und trat auch noch nach: »Am Ende pfiff Merk 30 Sekunden zu früh ab. Vielleicht hatte er es eilig, nach Hause zu kommen.«
Der FC Barcelona dagegen schwelgte in Euphorie. Immerhin hatte der Club seinen Angstgegner ausgeschaltet, der im Finale 1994 dem Dream Team des damaligen Trainers Johan Cruyff mit 4:0 das Fell über die Ohren gezogen hatte. Manager Txiki Beguiristain, der damals selbst in der Barça-Elf gestanden hatte, meinte nun siegessicher: »Wir sind stark genug, Arsenal zu schlagen.« Dagegen war Trainer Frank Rijkaard, der 1994 das Milan-Trikot getragen hatte, bemüht, die Euphorie zu dämpfen: »In einem Finale gibt es keinen Favoriten.«
Die für ihren Offensivfußball gerühmten Teams boten den 96 000 Zuschauern im Camp-Nou-Stadion ein packendes Spiel. Trotz der Dramatik war die Partie von Fairness geprägt. Merk kam mit zwei Gelben Karten aus. Die Spanier feierten als Helden des Tages den »ewigen Ersatzmann« Andrés Iniesta. Das Mittelfeldtalent mit der auffallend blassen Haut überstrahlte als Regisseur sogar Weltstar Ronaldinho.
Die Partie zog die Spanier so sehr in den Bann, dass sie sogar die Arbeit des Parlaments beeinflusste: Die Sozialisten verloren im Oberhaus eine Abstimmung nur deshalb, weil mehrere Abgeordnete vor dem Fernsehgerät saßen.

Artikel vom 28.04.2006