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Nichts für Nervenschwache

TBV Lemgo gewinnt gegen FA Göppingen seinen zweiten Euro-Titel

Von Oliver Kreth
Lemgo (WB). Dieses EHF-Cup-Finalrückspiel war nichts für Nervenschwache. Und auch nichts für Menschen, die weiter gut hören wollen. Doch für die Lemgoer Fans gab es nach 60 Spielminuten wenigstens was zu feiern: Der TBV gewann das Rückspiel im EHF-Cup-Finale 25:22 (15:15), das Hinspiel hatte Lemgo bereits 30:29 für sich entschieden, und kam so zu seinem zweiten internationalen Titel nach dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger im Jahr 1996.

»Das ist für den TBV sehr viel wert. Wir wollten einen Titel. Das haben wir geschafft. Jetzt können wir feiern«, sagte Trainer Volker Mudrow nach der packenden Partie in der ausverkauften Lipperlandhalle. Mudrow war als Spieler ebenso wie Volker Zerbe und Daniel Stephan 1996 am ersten Europapokalsieg (gegen TK Santander) beteiligt.
Aber auch »Mu«, sonst die Gelassenheit in Person, hatte sich an der Linie von der Nervosität seiner Mannschaft anstecken lassen: »Das Spiel war an Spannung und Dramatik kaum zu überbieten. Was Göppingen hier heute und auch vor einer Woche geleistet hat, ist aber sicherlich aller Ehren wert«, lobte der TBV-Coach auch den Gegner. Und nach dem Schlusspfiff, zuvor musste er sich dafür allerdings aus der Umarmung seines Managers Fynn Holpert befreien, herzte er auch seinen sichtlich deprimierten Trainer-Kollegen Velimir Petkovic.
Der Isländer Logi Geirsson, nicht nur wegen seiner acht Tore der überragende Akteur bei Lemgo, rockte derweil zu »We are the Champions« und jubelte königlich: »Das ist mein erster Titel. Es ist unglaublich, wir mussten so hart für diesen Erfolg fighten.« Die tapfer kämpfenden Göppinger, ihre Fans sorgten für einen Lärmpegel wie auf einem Flugzeugträger im Kriegseinsatz, konnten das Debakel kaum fassen. »So eine Niederlage ist ein Albtraum für jeden Sportler, das ist klar. Aber wir gratulieren dem TBV Lemgo zum Sieg. Wir haben den Titel wohl schon in eigener Halle verspielt«, meinte FrischAuf-Nationalspieler Michael Kraus.
Bitter vor allem, weil es lange Zeit gut für die Gäste aussah. Die hatten trotz der Hinspielniederlage in Lemgo von Beginn an ihre Chance in einem temporeichen und harten Duell und ließen die Gastgeber nur schwer ins Spiel kommen. Zudem hatte TBV-Torwart Carsten Lichtlein einen rabenschwarzen Tag erwischt, wurde in der 13. Minute ausgewechselt. Dank ihrer aggressiven und konsequenten Deckung gingen die Gäste in der 20. Minute erstmals in Führung (10:9), hatten kurz vor der Halbzeit sogar einen Zwei-Tore-Vorsprung. Auch ein Verdienst des überragenden FA-Schlussmannes Martin Galia. Mudrow: »In der Pause musste ich meine Jungs erstmal beruhigen. Ich habe sie auf Fehler aufmerksam gemacht und ihnen gesagt: Es ist nichts verloren.«
Doch auch in Durchgang zwei war das Nervenköstum der Lipper nicht das Beste. Insgesamt sechs Mal scheiterten die TBV-Akteure von der Marke. Doch endlich fand Jörg Zereike zu einer Final-würdigen Form, und Logi Geirsson bewies nicht nur seine Variabilität sondern schlug eiskalt und entscheidend zu. Als dann noch Göppingens Bester, Nikola Manojlovic, nach der dritten Zeitstrafe »Rot« sah, war der Tanz in den Mai in Lemgo eröffnet.
TBV-Tore: Geirsson 8, Zerbe 5, Baur 5/2, Schwarzer 3, Jicha 2, Stephan 1, Hallgrimsson 1
Göppingen-Tore: Kraus 5, Rajkovic 5, Manojlovic 4, Michel 4/1, Oprea 3/1, Schöne 1
Zuschauer: 4950 (ausverkauft)
Strafminuten: 8 / 12
Disqualifikation: Manojlovic (Göppingen/51./3. Zeitstrafe)

Artikel vom 01.05.2006