27.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Neuling Sansar jagt die Altstars

35. Hermannslauf als offenes Rennen

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). Ein Debütant und drei Routiniers: So sieht am Sonntag beim 35. Hermannslauf von Detmold nach Bielefeld die Favoritenliste aus. Mittelstreckler Elias Sansar fordert Marcus Biehl (Sieger von 2000 und 2004), Ingmar Lundström (Sieger von 1999) und Thomas Böckenholt (Zweiter von 2003) bei der Suche nach dem Nachfolger des Vorjahressiegers Ingo Horst (fehlt) heraus.

Einer, der das Etikett »Geheimfavorit« trägt, reiht sich dagegen geduldig hinten ein: Michael Brand, der schnellste Mann des Paderborner Hochstifts, sagt: »Ich würde mich nicht zum Favoritenkreis zählen und werde wohl zur Verfolgergruppe gehören.« Doch der 24-Jährige von Non-Stop-Ultra Brakel, der beim Osterlauf in Paderborn über 10 km mit 32:12 Minuten trotz leichter Erkältung stark unterwegs war, weiß, dass seine Zeit kommen wird: Der Vorjahres-Zwölfte, der vom ehemaligen Hermannslauf-Sieger Michael Amstutz betreut wird, dürfte am Sonntag der jüngste Läufer unter den Top Ten sein.
»Ihm gehört die Zukunft«, sagt auch der zweimalige Champion Marcus Biehl: »Ich hätte nichts dagegen, wenn er mal mein Nachfolger wird.« Doch in diesem Jahr würde der gebürtige Oerlinghausener selber gern noch einmal ganz nach vorn laufen. Dafür hat er in den vergangenen Wochen einiges auf sich genommen. Seit der Geburt von Töchterchen Nayili-Lelia am 14. Februar ist er sogar zum Schlafen ins Arbeitszimmer umgezogen, um nach den harten Trainingseinheiten Ruhe zu finden. Die Form sei gut, befindet Biehl, der häufig auf der Originalstrecke trainiert hat: 1:54 Stunde war die Zeit bei der Generalprobe, und der erfahrene Athlet fühlte ganz genau: »Da sind noch Reserven drin.«
An einen dritten Triumph mag Biehl aber nicht so recht glauben, obwohl er davon überzeugt ist, unter der Zeit des letztjährigen Siegers bleiben zu können. »Ich befürchte, dass es trotzdem für den Sieg nicht reichen wird, weil Elias Sansar am Start steht.« Elias Sansar (26) - das ist einer der besten deutschen Mittelstreckler, bei deutschen Meisterschaften auf der Bahn ein Endlaufkandidat über 1500 und 5000 Meter. »Er ist Profi, bekommt fürs Laufen Geld und muss sich um nichts anderes kümmern«, nennt Biehl den großen Unterschied zu allen anderen Favoriten. Sansars Bestzeiten bis hin zum Halbmarathon - länger war er »offiziell« noch nicht unterwegs -Êuntermauern zudem die Favoritenrolle des Lemgoers, der nur drei Kilometer Luftlinie vom Hermannsdenkmal entfernt wohnt und für den TuS Eintracht Bielefeld startet. Bei seiner Lang-Laufpremiere setzt Sansar auf seine Spurtkraft. Einen Alleingang schließt er aus: »Da würde ich mich vielleicht verlaufen.«
Nach zweijähriger Pause ist auch Thomas Böckenholt (32) wieder dabei, »weil es für mich der Lauf schlechthin« ist. Das Problem des Warendorfers, der für den ESV Münster startet: Drei Wochen nach dem »Hermann« will er bei den deutschen Marathon-Hochschulmeisterschaften in Mannheim immer noch oder schon wieder in Topform sein. »Das ist natürlich ein Spagat. Deshalb werde ich absolut defensiv laufen. Aber ich kenne meine Stärken und werden meine Chance suchen«, kündigt Böckenholt an.
Der Vierte im Favoritenbunde ist Triathlet Ingmar Lundström (LC Solbad Ravensberg). Der 34-Jährige hatte sich 2003 im Ziel geschworen: »Ich werde nur noch top vorbereitet an den Start gehen.« Das hat er beherzigt: Lundström, der 1999 Hand in Hand mit Carsten Breitenbach den Sieg teilte, sieht sich für das Gefecht im Teuto gut gerüstet. Anders als Sansar rechnet er nicht mit einem finalen Sprint auf der Promenade an der Sparrenburg: »Ich glaube nicht an eine Spurtentscheidung. Die Strecke bietet doch genug Möglichkeiten, das Ding abzuschließen. Dafür sind die Berge doch da.«

Artikel vom 27.04.2006