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Lehmann ist der Supermann

Arsenal im Finale: England feiert den deutschen Torwart als »jensationell«

Villarreal (dpa). England feiert den unbezwingbaren Jens Lehmann. »Jensationell«, »Supermann«, »Jenius«, bejubelten die Boulevard-Blätter den »History Man«, der mit seiner Elfmeter-Parade in letzter Minute dem FC Arsenal erstmals in der Vereinsgeschichte den Einzug ins Champions-League-Finale am 17. Mai in Paris sicherte.

»The Daily Mail« ernannte den Deutschen nach dem 0:0 beim FC Villarreal sogar zur »Legende in Lederhosen«. Auch für die deutsche Nummer 1 war es unvergesslicher Abend. »Es ist ein fantastischer Moment«, jubelte Lehmann, der auch noch einen persönlichen Champions-League-Rekord aufstellte: Der 36-Jährige ist seit 745 Minuten ohne Gegentor.
»Eher gelingt es, in der Wüste Fische zu züchten, als in der Champions League ein Tor gegen Lehmann zu schießen«, titelte die tschechische Tageszeitung »Mlada fronta Dnes« als neutraler Beobachter. Der in dieser Saison in der Königsklasse noch unbezwungene Keeper, der Edvin van der Sar (658 Minuten ohne Gegentor) als Rekordmann ablöste, sicherte Arsenal eine zweite Bestmarke: Mit dem zehnten Zu-Null-Spiel in Serie löschten die »Kanoniere« Ajax Amsterdams Uralt-Rekord von 1987/1988 aus.
»Als Torhüter hat man nicht viele solcher Momente. Ich genieße es«, gestand Routinier Lehmann, der zum ganz großen Wurf ausholen will: »Jetzt möchte ich auch das Finale gewinnen.« Dass er den Strafstoß des Argentiniers Juan Riquelme abwehren konnte, verdankte er seinem Bauchgefühl und intensiven Video-Studien. »Wegen seiner Körperhaltung ging ich davon aus, dass er in meine linke Ecke schießen würde.« Zum Glück hörte Lehmann nicht auf seinen Teamkollegen Thierry Henry, der ihm ins Ohr flüsterte, er solle nur stehen bleiben, denn Riquelme würde in die Mitte schießen.
Gael Clichy, der den zweifelhaften Strafstoß verschuldete hatte, wollte Lehmann vor Freude gar nicht mehr aus dem Armen lassen: »Im Moment ist Jens Lehmann mein liebster Spieler auf der ganzen Welt.«. Trainer Arsène Wenger hatte die Glanztat seines Keepers geahnt: »Ich wusste, dass er nicht leicht zu bezwingen ist, und dachte mir: 'Wenn das unser Jahr ist, dann wird Jens ihn halten.' Er hat auch an diesem Abend gezeigt, welch großartiger Torwart er über die ganze Saison war.«
Sinnigerweise wollte Villarreal ausgerechnet Lehmann als mögliche Schwachstelle in Arsenals Abwehrbollwerk ausgemacht haben. Trainer Manuel Pellegrini hatte seine Spieler angewiesen, hohe Flanken in den Strafraum zu schlagen in der Hoffnung, dass Lehmann den Ball fallen lassen könnte. Doch der Deutsche pflückte alle Flanken sicher und hielt zur Krönung seiner starken Leistung Riquelmes Strafstoß.
Lehmann brachte damit nicht nur FCV-Präsident Fernando Roig zur Verzweiflung. »Fußball kann so grausam sein. Wir haben Arsenal an die Wand gespielt und sind doch ausgeschieden«, klagte Roig. Ganz Villarreal schien in Tränen zu liegen. Für das Provinzstädtchen nördlich von Valencia ging nach Erfolgen über Manchester United, die Glasgow Rangers und Inter Mailand ein Traum zu Ende. »Hier endet ein Abenteuer, das sich kaum wiederholen lässt«, lautete das bittere Fazit von Trainer Pellegrini, dessen Mannschaft im Rückspiel eindeutig die bessere Mannschaft war.

Artikel vom 27.04.2006