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Beduinen als Täter in Verdacht

Nach Anschlägen von Dahab - weitere Selbstmordattentate auf dem Sinai

Kairo (dpa). Die ägyptische Polizei hat gestern erklärt, die Anschläge in dem Touristenort Dahab vom Montagabend seien wahrscheinlich von Selbstmordattentätern verübt worden. Von drei Arabern seien in Dahab nur Leichenteile gefunden worden.


Dies deute darauf hin, dass diese Männer möglicherweise die Bomben bei sich getragen hätten. Zwei regierungsnahe Kairoer Tageszeitungen berichteten gestern, zwei der Attentäter seien bereits identifiziert worden. Es handele sich um Beduinen aus der Region. Dafür gab es keine offizielle Bestätigung.
Bisher wurden in Dahab 18 Todesopfer geborgen, darunter sechs Ausländer: ein Junge aus Baden-Württemberg sowie je ein Urlauber aus Russland, Ungarn, der Schweiz und dem Libanon. Die Leiche eines weiteren Ausländers konnte noch nicht identifiziert werden.
Mindestens zwei Menschen werden noch vermisst. Die Polizei vermutet zudem, dass Opfer vom Roten Meer davongespült wurden. Mehr als 80 Menschen waren bei der Bombenserie verletzt worden.
Nach Angaben der Multinationalen Truppen und Beobachter auf dem Sinai (MFO) sprengte sich gestern zuerst elf Kilometer nördlich des Militärstützpunktes Al-Goura ein Selbstmordattentäter neben einem Fahrzeug in die Luft. In dem Wagen saßen zwei MFO-Soldaten aus Norwegen und Neuseeland zusammen mit zwei ägyptischen Sicherheitsbeamten. Das Fahrzeug wurde beschädigt. Die Insassen blieben unverletzt.
Die MFO-Friedenstruppe, zu der unter anderem amerikanische, französische und italienische Soldaten gehören, war nach dem Abschluss des Friedensvertrages von Camp David 1979 auf dem Sinai stationiert worden, um über die Einhaltungen bestimmter Vereinbarungen des Friedensvertrages zwischen Israel und Ägypten zu wachen.
Etwa eine halbe Stunde später griff ein zweiter Selbstmordattentäter in der selben Region im Norden der Halbinsel zwei ägyptische Polizisten an, die zusammen in einem Auto saßen. Laut Innenministerium näherte sich der Angreifer den Beamten auf einem Motorrad.
Nicht bestätigt wurden vom Innenministerium Berichte über einen Angriff auf einen Kontrollpunkt der Polizei in der Provinz Scharkija. In Bibais, zwischen Kairo und Ismailija, habe ein Mann mehrere Schüsse auf Polizeibeamte abgegeben, hieß es.
In der Nähe von Al-Goura war bereits im August 2005 ein kleinerer Sprengsatz neben einem MFO-Fahrzeug explodiert. Damals waren zwei kanadische Soldatinnen leicht verletzt worden.
Die bei den Bombenanschlägen in Dahab leicht verletzten Deutschen, die Mutter des getöteten Jungen und ihr Lebensgefährte, flogen nach Angaben des Auswärtigen Amtes bereits am Dienstag wieder zurück nach Deutschland. Unklar ist, wann der Leichnam des getöteten Zehnjährigen nach Baden-Württemberg übergeführt wird. Die Hilfsmaßnahmen der deutschen Botschaft in Dahab seien weitgehend abgeschlossen, hieß es.
Die deutschen Reiseveranstalter wollen nach den erneuten Bombenanschlägen gestern auf der Sinai-Halbinsel ihr Reiseangebot nach Ägypten unverändert aufrecht erhalten. Die für die kommenden Tage geplanten Flüge zu den Urlaubsorten rund um Scharm el Scheich auf dem Sinai würden stattfinden, sagten Sprecher der beiden führenden Touristikunternehmen TUI und Thomas Cook gestern.
Es gebe weiterhin nur eine geringe Anzahl von Umbuchungen oder Stornierungswünschen von Ägypten-Urlaubern.
»Wir nehmen das sehr ernst, aber bislang gibt es aus unserer Sicht keine Änderungen bei den Veranstaltern«, sagte ein Sprecher des Deutschen Reiseverbands. Die Branche richte sich bei der Beurteilung der Lage nach Sicherheitshinweisen der deutschen Bundesregierung. Für Umbuchungen und Stornierungen hätten die Veranstalter Kulanzregelungen getroffen.

Artikel vom 27.04.2006