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»Ernie« zu acht Monaten Haftstrafe verurteilt

Zeuginnen: »Asozial« - Amtsgericht: Völlig uneinsichtig

Bielefeld (uko). Weil er nach Meinung einer Amtsrichterin »völlig uneinsichtig« ist und in Herford und Bielefeld andere Menschen belästigt hat, muss der Bielefelder Ernst Wilhelm »Ernie« Wittig ins Gefängnis. Der 58-jährige Nacktdarsteller wurde am Dienstag zu insgesamt acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt - wegen der Erregung öffentlichen Ärgernisses und des sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Wittig hatte am 8. Januar 2005 eine Sportveranstaltung im Brackweder Gymnasium besucht, und hatte sich wieder einmal hüllenlos gezeigt. Weil Besucher empört waren, wurde er von Ordnern hinausgeworfen. Als Wittig dann über den Schulhof ging, sah er sich plötzlich einer 37-jährigen Mutter gegenüber, die sich dort mit ihren vier- und siebenjährigen Töchtern aufhielt. Mehrmals sprach die Frau den Nackten an, sich entweder zu entfernen oder sich anzuziehen.
Statt dieser Forderung nachzukommen verhöhnte der Nudist die Frau, sie sei wohl »prüde« oder »verklemmt«. Die Mutter verließ mit ihren Kindern den Schulhof und alarmierte die Polizei, während Wittig auf dem Brunnen des Schulhofes nackt herumturnte.
Nur zwei Tage nach einer Verurteilung durch das Amtsgericht Bielefeld marschierte Wittig zudem am 7. April 2005 in ein Berufskolleg in Herford. Dort ging er nackt in den Küchenbereich, wo er sich den Schülerinnen des Kochkurses präsentierte. Einige der jungen Frauen sagten nun als Zeuginnen vor dem Amtsgericht aus, auch sie hätten sich damals belästigt gefühlt. Sie bezeichneten den Bielefelder als »asozial«.
Der Angeklagte entgegnete im Prozess recht realitätsfern, er sei »ein deutschlandweit akzeptierter, anerkannter Künstler«, der »reihenweise von Schulen« eingeladen werde. Indes wisse er, dass sein Tun von vielen Menschen abgelehnt werde. Das könne ihn nicht daran hindern, nach Rauswürfen »mein Ego ein bisschen aufzufrischen«. Zudem bezweifelte der Angeklagte, dass er seinerzeit von den Kindern auf dem Schulhof wahrgenommen worden sei.
Staatsanwaltschaft und Gericht zeigten Wittig gestern klar seine Grenzen auf. »Sie nötigen sich den Leuten auf«, wetterte Oberamtsanwalt Markus Ehresmann. Richterin am Amtsgericht Sigrid Brecht verneinte eine günstige Zukunftsprognose des Mannes, den sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilte. Einsicht sei von Wittig nicht zu erwarten. . .

Artikel vom 26.04.2006