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Odéon mit neuem Glanz

Das Pariser Theater eröffnet morgen mit »Hamlet«

Das Odéon-Theater zeigt sich nach dreijähriger Restaurierung im neuen Glanz.Foto: dpa

Paris (dpa). 1794 wurde das Theater teilweise von den Flammen zerstört, 1807 brannte es erneut ab und während der Mai- Unruhen 1968 wurde es Wochen besetzt. Das »Théâtre de l'Odéon« gehört zu den geschichtsträchtigsten Theatern von Paris. Nach dreijähriger Renovierung erstrahlt das Haus wieder in neuem Glanz. Zur Eröffnung gibt es morgen »Hamlet«.
Mit Neuinszenierungen von Stücken von William Shakespeare, Christa Wolf, Carlo Goldoni und Regisseuren wie Robert Wilson und Georges Lavaudant setzt es die Tradition großer Namen wie Peter Stein, Jean Genet, Sarah Bernhardt und George Sand fort. Arte widmet dem Odéon am 6. und 7. Mai zwei Sondersendungen.
Das Theater, das mitten in Paris liegt, wurde 1782 für die Truppe der berühmten Comédie Française gegründet. Sie hatte nach 12 Jahren aus dem Theater der Tuilerien ausziehen müssen. Es war eines der ersten Häuser, das als ein »öffentlicher, vom Adel befreiter Ort« konzipiert wurde. So konnte in dem Gebäude am 27. April 1784 das subversive Stück »Figaros Hochzeit« des Dramatikers Beaumarchais aufgeführt werden. Nur widerwillig ließ Ludwig XVI. das Werk aufführen, das offen Kritik an den anmaßenden Privilegien des Adels äußert und das fundierte Selbstbewusstsein des Dienerpaares Figaro und Susanna in den Vordergrund stellt.
Nun beeindruckt das Theater mit der repräsentativen Säulen-Front wieder die Besucher. Im Laufe seiner bewegten Geschichte wechselten sein Name gleich mehrfach: »Le Théâtre-Français«, »Le Théâtre de la Nation«, »Le Théâtre de l'Impératrice et Reine« hieß es, und seit 1990 trägt es offiziell den Namen »L'Odéon-Théâtre de l'Europa«. Die Bühne wurde um 1,20 Meter gesenkt und erlaubt dem Publikum eine bessere Sicht, die Decke mit der herrlichen Malerei von André Masson (1963) wurde erhöht und der Teppichboden durch Parkett ersetzt. Doch was dem Besucher am meisten auffallen wird, sind die mächtigen Säulen in der Eingangshalle, die von altem Putz befreit wurden und ihre eleganten Linien preisgeben. Ins Auge fallen auch die acht Stuckkaryatiden, weibliche Figuren, die die dunkle Decke des Foyers ersetzen. Während der Pause kann man wieder auf die Terrasse, von der man auf den halbrunden Platz des Odéons und seine gleichartigen Fassaden im Haussmann-Stil sieht.

Artikel vom 26.04.2006