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Kündigung unwirksam

Verkäufer pocht auf sein Recht und wird entlassen

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Mitarbeiter, die sich nicht alles gefallen lassen, sind bei ihrem Chef nur selten beliebt. Mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen darf der Arbeitgeber aufmüpfige Arbeitnehmer trotzdem nicht bestrafen.

Das hat das Arbeitsgericht Paderborn jetzt dem Geschäftsführer eines Paderborner Autohauses klargemacht. Das Gericht erklärte die Kündigung eines Verkäufers für unwirksam.
Seit Mitte 2004 ist Michael G. (34) mit einem Bruttogehalt von knapp 2000 Euro bei dem inzwischen von einem Konkurrenten übernommenen Mercedes-Händler beschäftigt. Als die Zahl der verkauften Neuwagen im vergangenen Jahr von 900 auf 810 zurückging, kürzte die Firma dem Kläger im September das Nettogehalt um 200 Euro. Der Verkäufer schickte seinem Arbeitgeber daraufhin einen Mahnbescheid. Die Reaktion folgte auf dem Fuß: Nur sieben Tage später erhielt der Mann die betriebsbedingte Kündigung.
Unverheiratet, keine Kinder, erst 15 Monate im Unternehmen tätig - die Sozialauswahl wäre wahrscheinlich nicht zu beanstanden gewesen. Dass die Kündigungsschutzklage trotzdem Erfolg hatte, verdankt Michael G. einer neu geschaffenen Vorschrift des Paragraphen 612 a im Bürgerlichen Gesetzbuch. Dort heißt es: »Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer (...) nicht benachteiligen, weil der in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.«
»Obwohl solche Fälle in der Praxis sehr häufig vorkommen, kennen offenbar viele Arbeitgeber dieses Maßregelungsverbot nicht, oder aber sie ignorieren es«, erläutert der Paderborner Arbeitsrechtler Prof. Dr. Friedrich W. Meyer, der den Kläger vor Gericht vertreten hat. Arbeitnehmer müssten vor »rechtsmissbräuchlichen oder willkürlichen Kündigungen« geschützt werden, schrieb Richter Ingmar Bonmann in sein Urteil.
Die zeitliche Abfolge des Geschehens - Ausspruch der Kündigung nur eine Woche nach Zugang des Mahnbescheids - rechtfertige den Schluss, »dass ausschlaggebendes und damit tragendes Motiv der Kündigung der Mahnbescheid gewesen ist«.
Das Autohaus kann seinen unbequemen Verkäufer jetzt kaum noch los werden. Rechtsanwalt Meyer: »Die Verbindung mit einer Maßregelung macht die ansonsten wirksame Kündigung auf jeden Fall unwirksam«.
Az.: 2 Ca 1946/05

Artikel vom 26.04.2006