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Die Kapelle der starken Frauen

Bildhauerin Nina Koch stattete neuen Kirchenraum im St. Pius-Heim aus


Von Burgit Hörttrich und
Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Das Tabernakel bildet das Zentrum des Kreuzes - und er ist von beiden Seiten zu sehen: von der neuen Marienkapelle im Pflegewohnheim St. Pius aus und von draußen, denn Tabernakel und Kreuz sind in ein rosafarbenes Glasfenster eingelassen, das, so Glasmaler Thomas Jessen, das österliche Morgenlicht symbolisieren soll. Jessen hat die Fenster der Kapelle gestaltet, Altar, Ambo (Lesepult), das Ewige Licht, Tabernakel, Weihwasserbecken, Türgriffe und die Plastiken der Pieta und der Salbungsmaria schuf die Bielefelder Bildhauerin Nina Koch.
Die Kapelle wird am 1. Mai von Weihbischof Matthias König gesegnet, der Altar geweiht.
Nina Koch, die zuletzt in Bielefeld die Skulptur des »Gnadenstuhl« auf dem Jodokus-Kirchplatz geschaffen hat, empfindet die Ausgestaltung der Marienkapelle als eine besondere Aufgabe. In zahlreichen Gesprächen mit dem früheren Pfarrer von St. Jodokus, Uwe Wischkony, wurde die Thematik erarbeitet: Die Kapelle ist der Mutter Gottes geweiht, nimmt gleichzeitig aber auch andere Frauen an der Seite Jesu in den Blick.
Die Kleinplastiken sind aus Bronze gegossen (Bildgießerei Barth, Rinteln), teilweise vergoldet, nachdem Nina Koch die Figuren aus Terrakotta geformt hat.
Die Pieta empfindet sie als eine Art Gegenstück zum »Gnadenstuhl«: Maria hält den toten Jesus, der aussieht, als würde er schlafen, in den Armen, küsst ihn auf das Haar. Nina Koch: »Eine zärtliche Szene.« Sie wollte ein Plastik schaffen, die trostspendend wirken kann.
Der Altar wird von vier Engeln getragen: die vorderen halten Brot und Wein, die hinteren symbolisieren Schmerz (dafür steht wiederum der Wein) und Freude (dafür steht das Brot).
Die Vorderseite des Tabernakels, der innen golden schimmert, zeigt den segnenden Jesus, die Rückseite Maria mit Kind. Die Salbungsmaria (Maria Magdalena) hält ein Salbungsgefäß, eine Verkündigungsszene schmückt das Lesepult. Nina Koch erklärt, die habe den Moment festgehalten, in dem Maria zu fragen scheint: »Warum ich?«, gleichzeitig aber ihr Schicksal schon angenommen habe. Das Ewige Licht ist gleichzeitig Flamme und Krone, die Türgriffe zeigen Maria mit Kind auf dem Schoß und als Schutzmantelmadonna.
Die Arbeit an der Kapelle habe sich über mehrere Jahre hin gezogen. Wichtig sei ihr gewesen, so Nina Koch, »die Klarheit des Raumes zu erhalten, ihn nicht zu überfrachten«.
Die Frauen um Jesu habe sie versucht, als starke, selbstbewusste Persönlichkeiten darzustellen. Die Kapelle sei ein ruhiger Raum, »aber nicht düster«. Als letztes Element würden jetzt noch Kerzenhalter fehlen, so die Bildhauerin, die für Bielefelder Orte unter anderem den »Bacchus« auf dem Mirabellenplatz in der Altstadt und die »Spinnerin« in Heepen geschaffen hat.
Für das Pflegewohnheim St. Pius oberhalb des Haller Weges wurde 1965 der Grundstein gelegt. 2001 begannen Neu- und Umbau, am 17. April 2005 wurde das Haus, das 70 bewohnern Platz bietet, eingeweiht.
Unter dem Altar der Marienkapelle werden noch die Reliquien der Heiligen Anna beigesetzt. Diese befanden sich im Reliquienschrein in der St. Jodokus Kirche.
Nina Koch arbeitet zurzeit an einer Plastik für eine Gütersloher Krankenhauskapelle und an einer lebensgroßen Frauenfigur, die in Medebach an die Opfer der Weltkriege erinnern soll.

Artikel vom 25.04.2006