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Eigenwillig und stets im Nebel: Sänger Endrew Eldritch. Foto: Gast

Feueralarm im Lokschuppen

»The Sisters Of Mercy« enttäuschten Fans mit müder Show


Bielefeld (Rga). Trauriger Höhepunkt eines zwiespältigen Auftritts der Gothic-Rocker »Sisters Of Mercy« war ein Feueralarm, der nach gut vierzig Minuten dank des ausufernden Einsatzes von Kunstnebel ein bis dato mäßiges Konzert zum Abbruch zwang. Obwohl es nach einer kleinen Zwangspause doch noch weiter ging, sorgte dieser Umstand nur für wenig Euphorie unter den Anwesenden.
Ein etwas ungemütlicher und unnahbarer Mensch ist Endrew Eldritch schon immer gewesen. Seit Jahren lehnt er jede Interview-Anfrage ab, und mit ehemaligen Weggefährten wie dem heutigen »The Mission«-Sänger Wayne Hussey hat er sich längst überworfen. Auch auf ein echtes musikalisches Lebenszeichen in Form neuer Songs wartet man seit mehr als zehn Jahren vergebens.
Trotzdem zieht es den mittlerweile glatzköpfigen Eldritch immer wieder auf Tour. Und immer wieder folgen ihm Heerscharen von Anhängern, um die Gothic-Legende kaum wahrnehmbar verhüllt in Nebelschwaden erleben zu dürfen.
Neben Klassikern wie »Dominion« bzw. »Mother Russia«, der den musikalischen Rahmen der knapp zwanzigminütigen Zwangspause bildete, war es insbesondere der Über-Hit »Temple Of Love«, auf den die Fans warteten. Letzterer markierte schließlich das Ende eines Konzertabends, der ein weitestgehend unzufriedenes Publikum zurück ließ. Andrew Eldritch, der zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu den Fans suchte, hüllte sich in Schweigen und in den nach wie vor dichten Nebel ein.
Besonders lebendig waren die Konzerte der »Sisters Of Mercy« zu keinem Zeitpunkt in dem gut fünfundzwanzig jährigen Bestehen. In diesem Sinne wurden die Erwartungen, die das Publikum an den Auftritt des Linguisten Andrew Tayler - wie er mit richtigem Namen heißt - und seiner Angestellten stellen durfte, voll und ganz erfüllt. Jedoch scheint sich die musikalische wie stimmliche Qualität Eldritchs auf geheimnisvolle Art und Weise verbessert zu haben, was ein Vergleich mit älteren Aufnahmen der Band augenscheinlich werden lässt. Ob es nun das Tape war, das an diesem Abend den Ton der »Sisters« angab, kann angesichts der unzähligen Schichten an Sounds und Effekten freilich nicht weniger als spekuliert werden.

Artikel vom 26.04.2006