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Störche da: Alarmstufe
Rot für Regenwürmer

16 Paare lassen auf ein neues Rekordjahr hoffen


Von Dietmar Kemper
Petershagen (WB). Auf Adebar ist Verlass: Im Kreis Minden-Lübbecke sind bereits 16 Horste mit einem Paar besetzt. Zehn brüten. »Anfang Mai rechnen wir mit weiteren Störchen«, sagte Alfons Bense vom Aktionskomitee »Rettet die Weißstörche« gestern dieser Zeitung.
Damit könnte der Rekord aus dem Jahr 2004 überboten werden: Damals ließen sich 19 Paare auf Bäumen, Kirchtürmen und Nisthilfen nieder und zeugten 37 Junge. Ein Jahr später brüteten 18 Paare 31 Junge aus. In der laufenden Saison machte Storchenexperte Bense aus Petershagen eine besondere Entdeckung: »Zum ersten Mal seit 100 Jahren haben wir wieder einen Weißstorch in Porta Westfalica-Costedt.« Der Vogel nutze die 2004 im Naherholungsgebiet Großer Weserbogen aufgestellte Nisthilfe.
Auch der Petershagener Ortsteil Hävern erlebte eine Premiere: Dort brütet das erste Paar auf Haus Berg. Wegen des langen Winters in Ostwestfalen seien die Weststörche, die über Gibraltar zu uns ziehen, erst um den 20. März herum eingeschwebt, und nicht schon Anfang März, berichtete Bense. Oststörche brauchen ohnehin länger, weil sie den weiteren Weg über Südafrika, Israel, Bulgarien und Ungarn fliegen.
Regenwürmer haben im Kreis Minden-Lübbecke jetzt ein kurzes Leben, denn die Störche machen sich über sie her. »Peterchen« hat Alfons Bense noch nicht gesichtet. Der treue Weißstorch kehrt seit 25 Jahren nach Ostwestfalen zurück. 1990 schien das Ende von Adebar in der Region besiegelt: Ganze drei Paare zählte Bense damals. Mittlerweile hat sich die Population erholt. Hauptgrund dafür ist der Aufwärtstrend in Polen, dem Storchenland schlechthin. Gab es dort 1990 nur noch 32 000 Paare, schnellte deren Zahl auf inzwischen 50 000 hoch. Von Polen ist es nicht weit bis Deutschland, und deshalb profitiert Ostwestfalen vom Storchen-Hoch in Osteuropa.
Damit der Bestand erhalten werden kann, müsse ein Brutpaar mindestens zwei ausfliegende Junge in die Welt setzen, rechnete Bense vor. Vier Horste im Kreisgebiet seien bislang nur mit einem Storch besetzt. Kurios ist die Situation in Petershagen-Heimsen: Dort brüten zwei Paare nur 150 Meter voneinander entfernt. In der Regel beträgt der Abstand zwei Kilometer. Der Nistplatz auf dem Alten Amtsgericht in Petershagen, in den Vorjahren stets belegt, ist bislang noch verwaist.
Von den mit den Schnäbeln klappernden Gästen aus der Luft hätten die Menschen nichts zu befürchten, beruhigte Bense mit Blick auf die weit verbreitete Angst vor der Übertragung der Vogelgrippe auf Nutzgeflügel. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei noch kein Storch infiziert.

Artikel vom 24.04.2006