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Die Erhabenheit beseelter Verklärung in der Musik

Konzert der Internationalen jungen Orchesterakademie

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Wo so viele profunde Kräfte wohlmeinend wirken, kann es am Ende offenbar nur Gewinner geben. So profitierten vom Benefizkonzert der Internationalen jungen Orchesterakademie nicht nur die Patienten der Kinderklinik Bethel sowie das Publikum, das am Donnerstagabend in der gut besuchten Neustädter Marienkirche in den Genuss geistvoll musizierter Tonkunst kam.

Auch die Musiker selbst gehören zu den Nutznießern einer von August Everding initiierten Institution, die als Kultur- und Sozialstiftung zwei Hauptziele verfolgt: Zum einen will sie besonders begabten Musikstudenten aus aller Welt die Möglichkeit geben, gemeinsam zu lernen und zu musizieren. Das sich alljährlich in den Osterferien neu formierende Orchester, in dem Musiker aus mehr als 30 Nationen und unterschiedlichen Religionen spielen, dient demnach auch der Völkerverständigung. Auf der anderen Seite kommen die Einnahmen der Konzerte ausnahmslos krebskranken Kindern zugute.
Der die anfallenden Kosten übernehmenden Deutschen Bank AG in Bielefeld war es nun zu verdanken, dass das Orchester, welches stets die Osterfestspiele in Bayreuth eröffnet und deshalb auch den Beinamen »Orchester des Bayreuther Osterfestivals« trägt, bereits zum zweiten Mal einen umjubelten Gastauftritt am Teuto feiern konnte.
Der monumentalen Bruckner-Sinfonie Nr. 7 ging das kammersolistisch besetzte Cello-Konzert in D-Dur von Joseph Haydn voraus. Unter dem klar strukturienden Dirigat von Miguel Gomez-Martinez servierten die Musiker und Musikerinnen den Dreisätzer in tänzelnd-galanter Leichtigkeit und Gesanglichkeit, wobei sich Martin Reetz als Solist einnehmend gut ins Gesamtbild einfügte, mit reifer, ausdrucksvoller Figuration ebenso glänzen konnte wie mit ornamentaler Kantabilität und charismatsicher Virtuosität. Auch der raumakustisch bedingte starke Nachhall, der sich selbst mittels abgehängter Wände kaum eindämmen ließ, konnte den Hörgenuss kaum schmälern.
Anton Bruckners Trauermusik für Richard Wagner gehört zu den ausdrucksvollsten Heiligtümern der Musik und trägt dem Kirchenraum somit schon eher Rechnung. Die Erhabenheit wie die beeelte Verklärung der Musik, ihr monumentaler Pathos, ihre choralartige Feierlichkeit sowie ihre drängende Unruhe -Êall dies förderte das Orchester mit nicht nachlassender Spannung und Aussagekraft zutage, auf das sich das zwischen Wagner-Verehrung und grenzenloser Trauer changierende Werk in atemberaubenden 70 Minuten erschloss. Die Zugabe -Ê Ungarischer Tanz Nr. 5 von Brahms - trug Symbolcharakter: Schließlich konnte keine Kritik der Brahminen seinerzeit den Erfolg von Bruckners Siebenten verhindern.

Artikel vom 22.04.2006