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»Glanzschicht«: Eine Ausstellung
schaut unter und über die Haut

Von Laura-Lena Förster
Diese Ausstellung geht unter die Haut. Innere und äußere Bilder des Körpers wollen Andrea Nehring, Dr. Sylvia Niebrügge und Martina Wörz zeigen. Das, was jenseits der Glanzschicht existiert. »Glanzschicht« haben die Drei deshalb auch ihre Ausstellung genannt. Eröffnet wird sie am Mittwoch, 3. Mai, um 19 Uhr in der Bielefelder Universitätsbibliothek, Ebene C1.

Der Uni-Kulturszene sind die Künstlerinnen ein Begriff. Im vergangenen Jahr wirkten sie unter anderem bei der Gruppenausstellung »Formfindung in Biologie und Kunst« mit. Andrea Nehring und Dr. Sylvia Niebrügge haben selbst Molekulare Biotechnologie beziehungsweise Biologie an der Uni Bielefeld studiert. Martina Wörz ist gleich nebenan noch eingeschrieben: An der Fachhochschule konzentriert sie sich auf Fotografie und Medien.
Was die drei Frauen verbindet, ist das Thema »Körper«, die Selbstreflexion über ihn. »Junge Mädchen definieren sich zu sehr über ihren Körper und beziehen allein aus ihm Selbstbewusstsein«, sagt Martina Wörz. Ist Schönheit nichts weiter als eine Gratwanderung zwischen Wahn und Wirklichkeit? Eine Frage, die die Ausstellung stellt, ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. Martina Wörz: »Wir geben keine Interpretation vor, es geht mehr darum, sich manche Dinge überhaupt erst bewusst zu machen.«
Körperoberflächen zu perfektionieren, das Innere dabei auszublenden, ist ein vielseitiges Phänomen. Der Einzelne macht es ebenso wie eine ganze Wissenschaft. »In der Biotechnologie geht es auch nur um Funktionen, um eine Hülle. Der Körper wird entgeistigt«, sagt Andrea Nehring.
Wird der natürliche biologische Körper zu einem Auslaufmodell? Wo lässt sich das Original jenseits von chemischen, technischen und organischen Prothesen noch verorten? Auch diese Fragen möchte »Glanzschicht« aufwerfen, in Fotografien, Objekten, Malereien und teilweise interaktiven Installationen.
Eine davon ist ein Automat mit 500 Stickern. Wer einen zieht, kann auf einer breiten Skala seine Akzeptanz einer zunehmenden Cyborg-Identität, sprich ein Mensch, der aus biologischen und künstlichen Teilen besteht, bis hin zu einer völlig eigenen Interpretation der Exponate verorten.
Bei »Erkenne dich selbst« werden Spiegel in Bruchstücken so angebracht, dass die von Schönheitsidealen geprägten Partien in den Vordergrund rücken. Zugleich entsteht ein fragmentiertes Bild des Körpers, wie es in der Medizin hervorgebracht wird.
Ob Lichtmikroskop-Fotografien von embryonalen Stammzellen, die gemalte Haut in all ihrer Transparenz, Durchlässigkeit und Schichtbildung oder die Aufnahme eines Mädchens zwischen der Welt des Kindseins und der Erwachsenenwelt - wichtig ist immer der Zugang des Betrachters. »Auch wer sich nicht mit Kunst beschäftigt, soll sich einfinden«, sagt Martina Wörz. »Einfach einfinden« - das geht noch bis zum 1. Juni.

Artikel vom 03.05.2006