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80 000 Bienen starten  vom Senner Flugplatz

Konrad Hökenschnieder (70) ist Imker aus Leidenschaft

Von Peter Monke (Text und Fotos)
Senne (WB). Als Imker Konrad Hökenschnieder (70) einst einen guten Standort für seine Bienenvölker suchte, rief er auch beim Flugplatz Windelsbleiche an: »Bei ihnen wird doch gestartet und gelandet, ich hätte ein paar Bienen, die auch starten und landen wollen. Ist das möglich?« Die Flughafenbetreiber sagten spontan zu, und mittlerweile fliegen Hökenschnieders Bienen seit mehreren Jahrzehnten über den Flugplatz in Senne.

Wegen des langen Winters sind seine Tiere in diesem Jahr jedoch erst seit vier Tagen unterwegs, denn Bienen brauchen mindestens zehn Grad Außentemperatur, um ausfliegen zu können. Damit sie die lange Kältephase überhaupt überleben konnten, musste Hökenschnieder sogar zufüttern. Doch mittlerweile summt und brummt es wieder sehr rege rund um seine Bienenkästen, die vom Fachmann Beuten genannt werden.
Für Hökenschnieder bricht jetzt die schönste Zeit im Jahr an. »Es dauert nur noch zwei bis drei Wochen, dann wimmelt es in den Waben von Bienen, ist die erste Brut zu sehen und tropft der erste Honig der Saison. Das ist für mich Leben pur. Fast so, wie wenn man ein Neugeborenes zum ersten Mal in den Händen hält.«
20 000 Bienen umfasst jedes seiner vier Völker derzeit. Bis zum Hochsommer wird ihre Zahl auf jeweils 80 000 steigen. In guten Jahren erwirtschaftet jedes Volk dabei 100 Pfund Honig. »Ich habe aber auch schon Zeiten erlebt, in denen ich gar nichts geerntet habe«, sagt Hökenschnieder.
Um als Imker überhaupt erfolgreich sein zu können, müsse man Ruhe und Geduld mitbringen und bereit sein, ständig dazuzulernen. Der Austausch mit anderen Imkern sei unerlässlich. Sein breites Wissen gibt der 70-Jährige, der auch Vorsitzender in der Imkervereinigung Eckardtsheim/Senne ist, seit zwei Jahren in Abendkursen an wissbegierige Jungimker weiter. Von der Biologie der Biene über den Aufbau der Beuten bis hin zur Beschaffenheit von Honig erfährt der Nachwuchs hier alles, was das Rüstzeug eines guten Imkers ausmacht. Hökenschnieder freut besonders, »dass sich immer mehr Frauen und junge Menschen für meine Leidenschaft interessieren.«
Deren Motive sind vielfältig - Hökenschnieder glaubt jedoch, in Zeiten, da viele Lebensmittel in Verruf geraten sind, eine Rückbesinnung auf Qualität zu beobachten: »Einer hat mir aber auch gesagt, dass er nur Imker werden will, weil er gerne Honig isst.«
Für heute wirft Hökenschnieder den letzten prüfenden Blick auf eine seiner Waben. Um die Insekten zu beruhigen, bläst er dabei etwas Rauch aus seiner mit Pfefferminztee gestopften Imkerpfeife in den Stock. »Rauch ist für Bienen eigentlich ein bedrohliches Zeichen. Da sie gegen diese Gefahr mit Stichen jedoch nichts ausrichten können, verhalten sie sich extrem ruhig, um der Bedrohung quasi aus dem Weg zu gehen«, erklärt er und schickt mit einem Augenzwinkern hinterher: »Richtig Leben kommt sowieso erst dann in den Bienenstock, wenn die Drohnen (männliche Bienen) geschlüpft sind. Die heben die Stimmung dann aber spürbar.«
Regelmäßig wird Hökenschnieder in den nächsten Monaten seine kleinen Lieblinge beobachten. Bis etwa Mitte Juli, denn dann steht die Ernte an. Zu seinen treuesten Abnehmern gehören im Übrigen die Betreiber des Senner Flugplatzes. »Die geben mir meist sogar mehr für ein Glas Honig, als ich eigentlich haben will.« Verständlich, denn welcher Flugplatz verfügt sonst noch über einen »eigenen« Honig?

Artikel vom 21.04.2006