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Kampf ums Wettgeschäft

Gericht gibt Stadt 14 Tage Zeit für eine Stellungnahme

Bielefeld (hz). Der juristische Kampf um die Zukunft der privaten Wettbüros ist in Bielefeld voll entbrannt. Rechtsanwalt Jusuf Kartal geht nicht davon aus, dass die Schließungsverfügungen der Stadt Bielefeld umgesetzt werden können. »In den nächsten Wochen bleiben die privaten Wettbüros geöffnet«, so Kartal, der drei Viertel der privaten Wettanbieter in Bielefeld beim Rechtsstreit mit der Kommune vertritt.

Nachdem von Kartal 17 Eilanträge beim Verwaltungsgericht Minden gegen die Schließungsabsichten der Stadt gestellt worden sind (Bericht in der gestrigen Ausgabe), wollte sich Bielefelds Ordnungsdezernent Rainer Ludwig vorerst nicht zum Thema äußern. Frühestens Anfang kommender Woche werde man Stellung beziehen, so der städtische Beigeordnete. Allerdings, bekräftigte Ludwig, sei es fraglich, ob sich das Verwaltungsgericht Minden über das aktuelle Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichtes hinwegsetzen könne.
»Die Stadt hat vom Bundesverfassungsgericht den Auftrag bekommen, die Spielsucht zu bekämpfen, aber kein Mandat erhalten, die privaten Wettbüros auszuschalten«, hält Anwalt Kartal dem entgegen. Seinen Angaben zufolge habe das Verwaltungsgericht nach Eingang der Eilanträge der Kommune eine Frist von 14 Tagen gesetzt, um Stellung zum Thema Sportwetten und Bekämpfung der Spielsucht zu beziehen. Gleichzeitig, so Kartal, gebe es einen Hinweis der Mindener Justiz an die Stadt, ihre Schließungsverfügungen gegen private Wettbüros nicht zu vollziehen, bis in der Sache richterlich entschieden worden sei. Entsprechendes hätten auch die Verwaltungsgerichte Arnsberg und Düsseldorf signalisiert, wo gleichgelagerte Verfahren verhandelt würden.
Zudem verweist der Bielefelder Rechtsanwalt auf den europarechtlichen Aspekt, den die Justiz in Sachen private Wettbüros zu prüfen habe. »Im Gebiet der Europäischen Union gibt es das Gebot der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, das besagt, dass sich Gewerbetreibende überall im EU-Gebiet niederlassen können«, macht Kartal auf eine entsprechende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2003 aufmerksam. Weil das aber nicht umgesetzt werde, laufe seit dem 4. April dieses Jahres gegen Deutschland ein Verfahren der EU-Kommission wegen Verletzung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.

Artikel vom 20.04.2006