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VW will mit der Belegschaft
über Sanierungspläne sprechen

Volkswagen-Chef Pischetsrieder steht vor einer Vertragsverlängerung

Wolfsburg (Reuters). VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech hat eine Vertragsverlängerung für Konzernchef Bernd Pischetsrieder in Aussicht gestellt.
Der VW Golf GTI wird in Wolfsburg montiert.
Dort sind umfangreiche Sanierungen geplant.

Nach der außerordentlichen Sitzung des Kontrollgremiums sagte Piech gestern in Wolfsburg auf die Frage, ob er davon ausgehe, dass Pischetsrieders Vertrag verlängert werde: »Von meinem heutigen Standpunkt aus würde ich das so sehen.« Pischetsrieder habe auch erklärt, er wolle weiter machen.
Der Aufsichtsratschef hatte vor einigen Wochen mit einem Interview Spekulationen ausgelöst, der im Frühjahr 2007 auslaufende Vertrag des VW-Chefs könnte möglicherweise nicht verlängert werden. Der VW-Chef selbst sagte, seine Vertragsverlängerung werde erst in der nächsten Aufsichtsratssitzung einen Tag vor der Hauptversammlung am 2. Mai Thema. Darauf habe man sich einvernehmlich geeinigt.
Pischetsrieder sagte weiter, Aufsichtsrat und Vorstand seien sich einig, dass die notwendigen Schritte zur Sanierung der Kernmarke VW unternommen werden müssten. Einzelheiten zu den Sanierungsschritten nannte er aber nicht. Der Aufsichtsrat habe den Vorstand beauftragt, darüber Gespräche mit der Belegschaft und gegebenenfalls mit der IG Metall zu führen, fügte Pischetsrieder hinzu. Es habe Einigkeit darüber geherrscht, dass es »erheblichen Verbesserungsbedarf« gebe, wenn man die langfristige Wettbewerbsfähigkeit betrachte.
Während der Hauptversammlung am 2. Mai in Hamburg sollen den Aktionären Details der Sanierung präsentiert werden. Der Konzern stellt im Rahmen des von Pischetsrieder angekündigten Sanierungsprogramms bis zu 20 000 Stellen in den sechs westdeutschen Werken in Frage. Damit wäre dort jeder fünfte Arbeitsplatz betroffen. Die Sanierung der Kernmarke VW, die unter Überkapazitäten leidet und zu teuer produziert, war das Hauptthema der Aufsichtsratssitzung.
Über die derzeit geltende 28,8-Stunden-Woche bei Volkswagen sei nicht gesprochen worden, sagte Pischetsrieder. Über entsprechende Berichte, VW könnte die Arbeitszeit möglicherweise verlängern, »waren wir selbst überrascht«, sagte Pischetsrieder. Pischetsrieder sagte weiter, Thema der Aufsichtsratssitzung sei auch das Nordamerika-Geschäft gewesen. Er sehe dort eine finanzielle Verbesserung. »Allerdings wird es schwierig, in diesem Jahr in die Profitabilität zurückzukehren.«
Zum geplanten Werk in Russland gebe es noch keine Standortentscheidung, sagte der VW-Chef. Diese werde aber in den nächsten sechs Wochen fallen. Ziel sei der Aufbau eines Montagewerks in der Region Moskau, hieß es. Das Werk werde eine Jahreskapazität von 115 000 ausschließlich für den russischen Markt produzierten Fahrzeugen haben.
Pläne für eine Schließung des Werks Brüssel gebe es derzeit nicht, hieß es weiter. Auch nach nach Angaben des belgischen Regierungschefs Guy Verhofstadt bleibt das Werk erhalten. Die Fabrik werde im Rahmen des Umstrukturierung des Konzerns nicht geschlossen, teilte Verhofstadt in Brüssel nach einem Telefonat mit VW-Chef Pischetsrieder mit. In Brüssel bauen derzeit 5000 Beschäftigte den VW Golf, der auch in Wolfsburg vom Band läuft. Trotz größerer Investitionen am Standort Brüssel hatten Medien über eine Schließung des Werks spekuliert: Damit hätten gefährdete Arbeitsplätze in Deutschland geschont werden können, hieß es.
Wie Volkswagen weiter mitteilte, verkauft der Autobauer im Zuge der VW-Sanierung seine 50-Prozent-Beteiligung Mechatronic GmbH (Stollberg/Sachsen) an Siemens. Siemens VDO Automotive hält bereits die andere Hälfte an dem Unternehmen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Das Unternehmen entwickelt, fertigt und vertreibt Einspritzelemente für Dieselmotoren. Die 200 Beschäftigten werden von Siemens VDO übernommen.
Auf der anderen Seite stimmte der Aufsichtsrat der Übernahme von 49 Prozent der süddeutschen Handelsgruppe MAHAG von der Nürnberger Versicherungsgruppe zu. VW wolle damit seine Marktpräsenz in Ballungszenten stärken.

Artikel vom 21.04.2006