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Experten: Lücke zum Nettogehalt schließen

Um bei Berufsunfähigkeit nicht in ein »Loch« zu fallen

Bielefeld (WB/ef). Wie ein Damoklesschwert schwebt die Gefahr der Berufsunfähigkeit (BU) über den Erwerbstätigen. Die Versicherungsbedingungen sind komplex, Fragen zum Thema gab es gestern reichlich.

Mein Mann hat Arteriosklerose und wird wohl arbeitsunfähig. Hat er damit automatisch Anspruch auf Rente und wird das über den Arzt beantragt? Den Antrag auf Erwerbsminderungs-Rente (EM-Rente) stellt nicht der Arzt, sondern der Versicherte beim zuständigen Versicherungsträger. Die Diagnose allein begründet keinen Rentenanspruch, sondern die Auswirkungen der Krankheit. Ist Ihr Mann noch in der Lage, täglich zwischen drei und sechs Stunden erwerbstätig zu sein, hat er Anspruch auf eine teilweise EM-Rente. Kann er nicht wenigstens drei Stunden arbeiten, hat er Anspruch auf eine volle Rente.

Ich bekomme wegen eines Arbeitsunfalls, bei dem mein Knie verletzt wurde, eine Rente von der Berufsgenossenschaft. Bekommt diese meine Frau weiter, wenn ich sterben sollte?Nein. Nur wenn die Todesursache im ursächlichen Zusammenhang mit den gesundheitlichen Folgen des Arbeitsunfalls steht, hat Ihre Frau Anspruch auf eine Witwenrente. Das ist allerdings bei einer Knieverletzung kaum zu erwarten.

Ich will eine private Berufsunfähigkeitspolice abschließen. Wonach sollte sich die Höhe der Rente richten?Erkundigen Sie sich bei Ihrem gesetzlichen Versicherer, wie hoch Ihr Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente wäre. Das können Sie auch der jährlichen Renteninformation entnehmen, die eine volle und eine teilweise EM-Rente aufgrund Ihrer bisherigen Einzahlungen ausweist. Die Lücke zu Ihrem Nettogehalt sollten Sie decken, um im Dauerkrankheitsfall abgesichert zu sein.

Ich habe im Außendienst gearbeitet, jahrelang hunderte Überstunden geschoben und bin jetzt seit einem halben Jahr wegen Depressionen und Hörsturz arbeitsunfähig. Ich bin sicher, dass dies auf meinen beruflichen Stress zurückgeht. Zahlt die Berufsgenossenschaft mir jetzt eine Rente?Tatsächlich zahlen Berufsgenossenschaften auch bei Folgen von Berufskrankheiten. Diese sind in einem speziellen Berufskrankheitenkatalog des Gesetzgebers erfasst. Dabei handelt es sich um Krankheiten, die durch Belastungen entstehen, denen Personen bei der Arbeit im höherem Maß ausgesetzt sind als die Allgemeinheit. Folgen von Stress zählen nicht dazu.

In meinem Antrag für eine BU-Police soll ich Gesundheitsfragen beantworten. Ich hatte Tinnitus, habe gegenwärtig aber keine Beschwerden. Sollte ich das trotzdem angeben?Sie sollten beim Antrag mit offenen Karten spielen. Ein Versicherer kann Ihnen im Ernstfall die Zahlung der BU-Rente streichen, wenn Sie durch Verschweigen von Vorerkrankungen die vorvertragliche Anzeigenpflicht verletzen.

Ich arbeite seit Februar als Referendarin an einer Grundschule. Mein Versicherungberater rät mir dringend zu einer BU-Police. Angeblich gehöre ich zu einer Risikogruppe.Zu den Risikogruppen zählen Berufe mit schwerer körperlicher Tätigkeit. Aber das wird bei den Versicherungsunternehmen unterschiedlich gehandhabt. Angestellte im Schuldienst können bei dem einen Versicherer besser eingestuft werden als bei einem anderen. Sie sollten daher mehrere Angebote einholen. Ansonsten hat Ihr Berater Recht: Wer nach dem 1. Januar 1961 geboren und jetzt Berufsanfänger ist, bekommt keine gesetzliche BU-Rente mehr - kann gegen BU nur noch privat vorsorgen.

Artikel vom 20.04.2006